Rezension: Joël Dicker – Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Ohne Liebe ist alles nichts

Halten Sie die Liebe in Ehren, Marcus. Machen Sie sie zu Ihrer schönsten Errungenschaft, zu Ihrem einzigen Ziel. Nach den Menschen kommen andere Menschen. Nach den Büchern kommen andere Bücher. Nach dem Ruhm kommt anderer Ruhm. Nach dem Geld kommt anderes Geld. Aber nach der Liebe, Marcus, nach der Liebe bleibt nur das Salz der Tränen.

Eines Abends verschwindet Nola Kellergan spurlos. Ganz Aurora ist in Aufruhr, ganz Aurora beteiligt sich bei der Suche, aber Nola bleibt verschwunden. Nach einer ersten lähmenden Zeit der Angst, in der Familien ihre Kinder zuhause einschliessen, findet das Städtchen langsam wieder zur Normalität zurück, bis 30 Jahre später Nolas Leiche gefunden wird. Sie liegt im Garten des Mannes, der 30 Jahre vorher mit Nola just am Tag ihres Verschwindens weggehen wollte, um seine Liebe zu dem 15-jährigen Mädchen leben zu können: Harry Quebert, berühmter Schriftsteller, Professor und bislang hochangesehene Persönlichkeit.

Marcus Goldman ist Schriftsteller, erfolgreicher Schriftsteller mit nur einem Buch. Es will ihm nicht gelingen, ein zweites zu schreiben, obwohl ihm sein Verleger Strafe androht, wenn nicht bald eines erscheint. Die Schreibkrankheit hat Marcus im Griff. Eines Tages der Anruf von Harry. In seinem Garten wurde die Leiche von Nola Kellergan gefunden. Nola Kellergang war die Liebe in Harrys Lebens, nie hatte er nachher wieder geliebt. Sein ganzes Leben hatte er nur auf Nola gewartet. Nun war sie tot.

In meinem Leben gab es nur Harry und seltsamerweise stellte ich mir überhaupt nicht die Frage, ob er schuldig war oder nicht: Die Antwort hätte ohnehin nichts geändert. Das war ein komisches Gefühl. Ich glaube, ich hätte ihn lieber gehasst und ihm mit der ganzen Nation ins Gesicht gespuckt, das wäre einfacher gewesen. Stattdessen sagte ich mir nur: Er ist ein Mensch, und Menschen haben ihre Dämonen. Jeder von uns. Die Frage ist nur, wie viel man diesen Dämonen durchgehen lässt.

Marcus macht sich in Zusammenarbeit mit einem Polizisten auf die Suche nach dem wahren Mörder. Harry ist schnell entlastet, aber wer hat die kleine Nola Kellergan sonst umgebracht? Die Nachforschungen bringen nach und nach neue Details und Verstrickungen aus dem Jahr 1975 ans Tageslicht, die beiden Ermittler stossen auf immer mehr Unklarheiten und vor allem immer neue Verdächtige.

Joël Dicker lässt seinen Roman auf drei Zeitebenen spielen: Im Jahr 1975, als Nola Kellergan verschwand, in den Jahren 1998 – 2002, Marcus Goldmans Ausbildungsjahren, und im Jahr 2008, dem Jahr des Leichenfundes und der Ermittlungen. Trotz der drei Ebenen ist dem Leser immer klar, in welcher Zeit er sich befindet, und er spürt, wie sich langsam das Fadennetz zwischen den Zeiten verdichtet. Der Leser nimmt durch die unmittelbare Ich-Erzählung von Marcus Goldman an den Ermittlungen teil und will den Fall selber auflösen. Er leidet mit, er sucht mit, er zieht seine Schlüsse.

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert ist eine packende Geschichte, die viel mehr als ein Krimi ist. Es ist die Geschichte über die Liebe, eine Geschichte übers Schreiben, eine Geschichte über die Wahrheit, die nicht immer ist, wie sie auf den ersten Blick scheint. In einer gut lesbaren Sprache, mit plastischen Figuren und realistischen Schauplätzen zeichnet Dicker eine GescBildschirmfoto 2015-01-18 um 09.10.15hichte, die den Leser einsaugt und nicht mehr loslassen will. Je weiter das Buch fortschreitet, desto stärker wird aber der Zwiespalt: Einerseits will man nicht aufhören zu lesen, andererseits wird das Buch viel zu schnell fertig sein, wenn man keine Pause macht. Die Welt des Harry Quebert wieder zu verlassen ist ein Abschied, der eine Lücke hinterlässt.

Fazit:
Eines der besten Bücher seit langem. Plot, Sprache, Charaktere – Erzählkunst auf höchstem Niveau. Packend, unterhaltend, wunderbar. Absolut empfehlenswert.

 

Zum Autor
Joël Dicker
Joël Dicker wurde 1985 in Genf geboren. Der studierte Jurist hat bislang zwei Romane geschrieben: Les Derniers Jours de nos Pères und La Vérité sur l’Affaire Harry Quebert. Für Letzteren bekam er den Grand Prix du Roman der Académie Française zugesprochen sowie den Prix Goncourt des Lycéens. Das bei einem winzigen Verlag erschienene Buch wurde in Frankreich zur literarischen Sensation des Jahres 2012 und mittlerweile in über 30 Sprachen übersetzt.

Angaben zum Buch:
DickerWahrheitGebundene Ausgabe: 736 Seiten
Verlag: Piper Verlag (13. August 2013)
Übersetzung: Carina von Enzenberg
ISBN-Nr.: 978-3492056007
Preis: EUR 22.99 / CHF 20.90

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Rezension: Kerstin Herrnfeld/Walter K. Ludwig – Tod eines Mathematikers

Sex, Crime and Rock’n’Roll

Er liebt sie. Deshalb bricht er ihr das Genick. So bleibt ihre Schönheit erhalten. Und sie muss nicht leiden. Es ist die humanste Art, jemanden zu töten. Sauber, sicher und schnell. Und vollkommen schmerzlos.
Sie hat keine Chance. Nicht die geringste. Nicht gegen ihn. Er ist stark.

Als der Polizist Harry Tenge nach seiner Silvesterschicht ins Gebüsch pinkelt, schauen ihm aus diesem zwei dunkle Augenhöhlen entgegen. Er hat soeben einen Schädel freigepinkelt. Der Schädel, man erfährt es später, gehört einer seit langem vermissten Frau. Kurz nach diesem Fund bringt sich ein renommierter Mathematikprofessor, Professor Katzenstein, um, der – wie der Zufall so will – der Professor der nunmehr als Leiche gefundenen jungen Frau war – und wie man munkelte, auch deren Liebhaber.

Die Journalistin Alexandra Katzenstein, mit ihrem Vater seit Jahren zerstritten, glaubt nicht an einen Selbstmord. Da ihr niemand glaubt, will sie die Sache selber in die Hand nehmen und den Mord an ihrem Vater klären. Sie erhält dabei Hilfe von ihrem Freund Matze, Fotograf bei derselben Zeitung wie sie. Zwar glaubt er nicht immer an Alexandras Theorie, aber seine Verehrung für die schöne Rothaarige lässt ihn ihr beistehen. Ihnen zu Hilfe kommt alsbald Harry Tenge, welcher auf eigene Faust den Mord an der jungen Frau klären will, weil die Mordkommission zu wenig Gas gibt, und er an eine Verbindung zwischen Katzensteins Tod und „seinem“ Mord glaubt.

„Kann sein, dass ich gerade einen Riesenfehler mache“, begann Harry mit einem leisen Zittern in der Stimme, das verriet, wie unsicher er war. […| „Obwohl es auf der Hand liegt, dass Nicole keines natürlichen Todes gestorben ist, will der Leiter der Mordkommission, Hauptkommissar Kühlborn, jetzt nicht an die Öffentlichkeit gehen. Es wird zwar ermittelt, aber, wie ich aus sicherer Quelle weiss, nicht mit Nachdruck. Und das finde ich merkwürdig.“

Tod eines Mathematikers ist ein Krimi, der mit sehr vielen Personen agiert, der an vielen Orten spielt, der die Perspektiven wechselt, den Leser jedes Kapitel wieder in einen neuen Zusammenhang setzt. Aus einer Vielzahl von Anhaltspunkten, möglichen und tatsächlichen Verbrechen, mehreren Verdächtigen und Theorien, kristallisiert sich mehr und mehr eine Lösung heraus, die wieder verworfen wird, um einer neuen Platz zu machen. Die tatsächliche Lösung wirkt schlussendlich ein wenig gesucht, der Schluss nach der Auflösung des Falls erinnert an eine Rosamunde Pilcher-Geschichte und ist gar zuckersüss. Trotzdem ist der Krimi packend, spannend, man will die Auflösung kennen, weswegen man das Buch nicht eher aus der Hand gibt. Gewisse Nebengeschichten hätte man wegstreichen können, da sie dem Storyverlauf keinen Gewinn brachten und auch sonst wenig Gewicht hatten.

 

Fazit:
Spannender Krimi, kompliziert, aber interessant aufgebaut mit einem etwas gesuchten Ende. Empfehlenswert.

 

Zum Autor
Kerstin Herrnkind/Walter K. Ludwig
Kerstin Herrnkind ist eine waschechte Hanseatin. Sie wurde 1965 in Bremen geboren. Im zarten Alter von zehn Jahren verschleppten sie ihre Eltern in die Nähe von Hamburg aufs platte Land. Nach dem Studium volontierte sie bei der Nordsee-Zeitung in Bremerhaven, wo sie und Walter K. Ludwig sich kennenlernten. Nach Zwischenstation bei der taz ging sie zum Stern, wo sie für Polizei- und Justizthemen zuständig ist. 2011 erschien bei Grafit ihr Psychothriller Mein Mann der Mörder. Walter K. Ludwig wurde 1957 in Bad Neustadt a. d. Saale geboren. Er machte Musik, studierte Geschichte und Politikwissenschaft und absolvierte ein Zeitungsvolontariat. Mehrere Jahre arbeitete er als Redakteur. 2007 erschien sein erster Roman. Er lebt als Autor in Hamburg.

Angaben zum Buch:
HerrnkindLudwigMatheTaschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Grafit Verlag (27. September 2013)
ISBN-Nr.: 978-3894254223
Preis: EUR 10.99 / CHF 17.00

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Judith Winter: Siebenschön

Wettkampf mit der Zeit um Leben und Tod

Theo hat versagt. Tja, Glück für dich! Ich schätze, das bedeutet, dass nummer sibn Dir gehört. Masl-tow! Wohlan denn: Folge dem Pfad der Erleuchtung, und er wird Dich ans Ziel führen. Allerdings solltest Du Dich lieber beeilen. Die Adresse ist: Fordstrasse 237. Ach übrigens: ihr Name ist jennifer, falls es Dich interessiert.

Als Christina Höffgen diesen Brief im Briefkasten findet, ohne zu wissen, wer ihn schickte, wer Jennifer ist und was sie damit zu tun hat, ist Jennifer schon lange tot. Und sie ist nicht das erste Opfer dieses Täters. Schon früher gab es Briefe, damals an andere Empfänger. Schon früher gab es Opfer.

Emilia Capelli, engagierte Hauptkommissarin, wird mit dem Fall betraut. Allerdings hat sie ausgerechnet jetzt eine neue Kollegin an die Seite gestellt bekommen, die ihr so gar nicht in den Kram passt: Mai Zhou. Nicht genug, dass diese ebenfalls Frau ist, sie sieht auch noch gut aus, ist – Emilia muss es zugeben – klug und ebenso engagiert wie sie selber. Konflikte sind vorprogrammiert.

Distanziert. Untadelig höflich. Und einfach nur zum Kotzen, fand Em. So werden wir bestimmt keine Freunde, dachte sie, indem sie ihre Partnerin einer erneuten, ebenso gründlichen wie kritischen Musterung unterzog. Doch zu ihrem bedauern fand sie – zumindest rein äusserlich – wenig Angriffsfläche: Mai Zhous Gesicht war ein Traum in Pastell.

Das Team hat es mit einem gefährlichen Serientäter zu tun, der eine Mission zu verfolgen scheint. Es wird ein Wettlauf mit der Zeit, nächste Opfer sind in immer schnelleren Abständen zu erwarten.

Ein solider Thriller, nach Lehrbuch aufgebaut, spannend geschrieben mit einem guten und in sich stimmigen Plot. Die Figuren bleiben ein wenig unpersönlich, die Konflikte zwischen ihnen werden nicht ausgeschöpft, versanden nach wenigen Andeutungen. Da wäre noch viel Potential, das der Autorin zugetraut werden kann, das sie in diesem Buch allerdings noch nicht ausgeschöpft hat. Das tut dem Buch aber keinen Abbruch, der Lesegenuss ist da, einmal zur Hand genommen, mag man das Buch kaum noch weglegen, bis der Täter gefasst ist.

 

Fazit:
Guter Plot, spannend geschrieben, packend zu lesen – sehr empfehlenswert.

 

Zum Autor
Judith Winter
Judith Winter, 1969 in Frankfurt am Main geboren, studierte Germanistik und Psychologie in Berlin und Wien und arbeitete viele Jahre in einem renommierten wissenschaftlichen Institut, bevor sie sich selbständig machte. Nach Aufenthalten in Mailand und Paris lebt sie heute mit ihrer Familie in der Nähe ihrer Heimatstadt.

 

WinterSiebenschönAngaben zum Buch:
Taschenbuch: 432 Seiten
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. April 2014)
ISBN-Nr.: 978-3423214896
Preis: EUR  9.95 / CHF 15.90
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Sabine Durrant: Ich bin unschuldig

Die Wahrheit liegt versteckt hinter Masken

Äste stechen auf Augenhöhe hervor, auf Knöchelhöhe lauern Grasbüschel. Und dann fällt durch ein Gewirr aus Ästen mein Blick darauf.
Zuerst dachte ich an aufblasbare Puppen. Oder Fische. […] Dann trifft mich das ganze Entsetzen dessen, was ich sehe, und alles, was ich denken kann, ist: Es ist weder eine Puppe noch ein Fisch noch ein Schwan.
Sie liegt auf der Seite, die nackten, weissen Arme über dem Kopf ausgestreckt, den Kopf nach hinten gebogen.

Gaby Mortimer, Fernsehjournalistin, Ehefrau und Mutter, stösst beim Joggen auf eine Leiche. Der Fund soll ihr ganzes Leben verändern, da kurze Zeit später sie die Hauptverdächtige ist, festgenommen wird und ihre Stelle verliert. Während der ganzen Zeit ist ihr Mann auf Geschäftsreise, sie ganz allein und hilflos. Die Journalisten stürzen sich wie Hyänen auf sie, Gaby Mortimer weiss nicht mehr, wem sie trauen kann, bis Jack Hayward auftaucht und ihr verspricht, ihr zu helfen.

„Woher weiss ich, dass sie mich nicht reinlegen? Sie könnten mich doch übers Ohr hauen.“
Seine Schultern sinken leicht nach vorn. „Sie müssen mir einfach vertrauen.“

Gemeinsam wollen sie den wahren Mörder finden.

Ich bin unschuldig ist eine interessante Geschichte mit teilweise tiefgründigen Gedanken rund um die menschliche Identität und die täglichen Masken, mit der man sie verdeckt. Der Thriller fängt sehr langsam an. Nach dem Leichenfund findet man sich im endlos scheinenden Alltag von Gaby Mortimer und ihrem Umfeld wieder, es passiert kaum etwas, das die Geschichte weiterbringt. Nach über hundert Seiten fängt die Geschichte an, Spannung und Tempo zu kriegen und dann fesselt sie einen, lässt einen nicht mehr los.

Sabine Durrants Thriller bewegt sich zwischen Gesellschaftskritik, Beziehungsroman und Spannung. Er nimmt schlussendlich eine überraschende Wendung, spart davor nicht an möglichen Verdächtigen. Hätte man den Anfang stark gekürzt, wäre das Buch uneingeschränkt zu empfehlen. Wenn man gewillt ist, diesen Anfang grob zu überblättern, ebenso. Die weniger ungeduldigen Leser finden vielleicht sogar darin Interessantes, da das Buch durchaus gut geschrieben und die Figuren authentisch sind.

Fazit
Langsamer Anfang, danach grosse Spannung. Ein Thriller mit einem bunten Potpourri an Themen und Verdächtigen und einem überraschenden Abgang. Empfehlenswert.

Zum Autor
Sabine Durrant
Sabine Durrant lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in London, wo sie als Autorin und Journalistin arbeitet. Sie schreibt unter anderem für den Guardian, den Daily Telegraph sowie die Sunday Times und hat bereits mehrere erfolgreiche Romane und Kinderbücher veröffentlicht. Ich bin unschuldig ist ihr erster Thriller.

 

DurrantUnschuldigAngaben zum Buch:
Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Pendo Verlag (13. August 2013)
Übersetzung: Elvira Willems
ISBN-Nr.: 978-386612361
Preis: EUR  14.99 / CHF 14.90

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Angélique Mundt: Nacht ohne Angst

Mord in der Anstalt

Eine Patientin der Hamburger Universitätspsychiatrie wird erhängt im Bad aufgefunden. Ausser dass ihr Tagebuch und ihre Geldbörse fehlen deutet nichts auf ein Gewaltverbrechen hin. Tessa Ravens, behandelnde Therapeutin, kann trotzdem nicht an Selbstmord glauben, sie versucht, die ermittelnden Kommissare Torben Koster und Michael Liebetrau von ihrer Skepsis zu überzeugen, allerdings mit wenig Erfolg. Als wenig später eine zweite Patientin offensichtlich ermordet wird, stellt sich für alle die Frage, wie die beiden Todesfälle zusammenhängen und was dahinter steckt.

Angélique Mundt gelingt in diesem Erstlingswerk ein solider Krimi, welcher bis am Schluss viele Verdächtigen aber keine konkrete Spur präsentiert. Die Geschichte ist eher gemächlich erzählt, lässt trotzdem eine gewisse Spannung nicht vermissen. Die Figuren sind einfühlsam und plastisch gezeichnet, die Klinikatmosphäre gut wiedergegeben ohne durch zu viel Faktenwissen zu erschlagen, über das die Autorin, welche selber Psychologin ist, durchaus verfügen würde. Zwischenmenschliche Spannungen und andere Gefühlsverwirrungen runden die Geschichte ab.

Fazit:
Ein solider, gut aufgebauter Krimi mit allem, was leichten Lesegenuss mit Spannung ausmacht. Empfehlenswert.

Zum Autor
Angélique Mundt
Angélique Mundt wurde 1966 in Hamburg geboren. Nach ihrem Studium der Psychologie arbeitete sie lange in der Psychiatrie, bevor sie sich 2005 als Psychotherapeutin mit einer eigenen Praxis selbstständig machte. Sie arbeitet ehrenamtlich im Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuz, das Menschen bei potentiell traumatisierenden Ereignissen „Erste Hilfe für die Seele“ leistet. Angélique Mundt lebt in Hamburg. Nacht ohne Angst ist ihr erster Roman und Start einer Serie um die Psychotherapeutin Tessa Ravens und Hauptkommissar Torben Koster.

MundtNachtAngaben zum Buch:
Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: btb Verlag  (10. Juni 2013)
ISBN-Nr.: 978-3442746262
Preis: EUR  9.99 / CHF 15.90

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Frank Schmitter: Der Tote von der Isar

Geschichten unter der glatten Oberfläche

Die Leiche eines offensichtlich obdachlosen Mannes wird am Isarufer gefunden. Steckt die selbsternannte Quartierpolizei dahinter, die sich von der Polizei im Kampf gegen die überhand nehmenden Obdachlosen im Stich gelassen fühlt? Als herauskommt, dass die Leiche nur in zerrissenen Kleidern dalag, es sich beim Toten aber um einen Münchner Anwalt handelt, treten neue Verdächtige auf den Platz. Die beiden Ermittler Gerald van Loren und Batzko stehen vor immer neuen Erkenntnissen, die immer noch mehr Fragen aufwerfen statt sie zu beantworten. Dass Gerald neben seiner Arbeit noch mit Beziehungsproblemen belastet ist, bei denen sein Kollege Batzko eher unerwünschte Ratschläge platzieren will, runden die Geschichte ab.

Frank Schmitter ist ein solider Krimi gelungen, der von seinen menschlichen Figuren, dem Lokalkolorit Münchens und einer nicht gleich durchschaubaren Haupthandlung lebt. Es werden am Rande Gesellschaftsprobleme angesprochen, gewisse Psychologisierungen wirken ein wenig gesucht, sind dadurch aber nicht störend oder wirklich fehl am Platz. Alles in allem genau das Richtige für einen leichten und unterhaltenden Lesegenuss.

Fazit:

Ein kurzweiliger Krimi mit menschlichen Figuren, einem interessanten Plot und einigen unerwarteten Wendungen. Sehr empfehlenswert.

Zum Autor
Frank Schmitter
Frank Schmitter wurde 1957 in Krefeld NRW geboren, studierte nach dem Abitur Germanistik und versuchte sich nach dessen Abbruch in diversen Jobs. Es folgte das Studium in Bibliothekswesen in Stuttgart, nach dessen Abschluss er in dem Beruf arbeitete. Nach einem Abstecher zu Kirch-Media in München als Dokumentar und Medien-Redakteur arbeitet er seit 2005 für das Literaturarchiv der Monaccensia. Frank Schmitter ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in München. Von ihm erschienen sind unter anderem neben Lyrik und Prosa in Anthologien und Zeitschriften Das leichte Leben (2004), Späte Ruhestörung (2006), Der Tote von der Isar (2013).

SchmitterIsarAngaben zum Buch:
Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: btb Verlag (10. Juni 2013)
ISBN-Nr.: 978-3442745449
Preis: EUR  9.99 / CHF 15.20

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Martin Walker: Femme fatale. Der fünfte Fall von Bruno, Chef de police

Frauen und andere Ungereimtheiten

Eine nackte Frauenleiche treibt in einem Boot durch Périgord, mit an Bord ein toter Hahn und grosse schwarze Kerzen. Schnell werden Stimmen laut, es handle sich um das Werk von Satanisten. Die einen fürchten um den Ruf von Périgord, die anderen freuen sich über Touristenströme. Aks kurz darauf in der örtlichen Höhle eingebrochen wird und ein blutiger Ziegenkopf sowie eine schwarz angemalte Madonna den Tatort zieren, sieht sich Bruno, der örtliche Chef de police, inmitten eines undurchschaubaren Falles welcher nicht nur mit Mord und möglichen Teufeln, sondern auch mit dubiosen Finanzgeschäften und vielen schönen Frauen mit verführerischen Absichten im Zusammenhang steht.

Die Fäden reichen immer weiter, bis nach ganz oben, was die Ermittlungen zusätzlich erschwert. In welche Richtung Bruno auch ermittelt, immer wieder führen ihn die Spuren zur Roten Komtesse, die auf einem Schloss in Périgord lebt. Früher eine blühende Schönheit, Kämferin für den Widerstand und Kommunistin, liegt sie heute mit Alzheimer unansprechbar im Bett. Neben all dem beruflichen Chaos sind da auch noch die Frauen in Brunos Leben. Wohin das alles führen soll?

Martin Walkers neuster Fall für seinen Chef de Police Bruno ist ein Krimi wie er im Bilderbuch steht. Er lebt von seinem überaus sympathischen Polizisten Bruno, bei dem man gerne einfach an den Tisch sitzen würde, sein Kochkünste bewunderte und den Hund zwischen den Ohren kraulte. Man sieht ihn vor sich und man mag ihn. Dabei wird der ganze Rest schon fast zweitrangig, das Buch hat den Leser quasi adoptiert.

Martin Walker passt prima in die Reihe der traditionellen Krimiautoren. Ihm gelingt es, eine charismatische Hauptfigur zu entwerfen, die er in ein liebliches französisches Dörfchen mit all seinen Eigenheiten und typischem Dorfcharakter setzt.

Mischt man dann noch ein paar männliche Probleme eines in die Jahre geratenen gutherzigen Mannes hinzu und lässt die entsprechenden Frauen mitspielen, wird die Handlung eigentlich fast nebensächlich, man ist gefangen. Trotzdem entbehrt der Krimi keineswegs der Spannung. Zwar hat man immer eine Ahnung, wer denn der Gesuchte sein könnte, erkennt aber die  Zusammenhänge nicht und tappt so immer wieder erneut im Dunkeln. All das macht Femme fatale zu einem Lesevergnügen.

Geht man nach Schreiblehrgang vor, kann man sagen: Protagonist perfekt gezeichnet, Antagonisten relativ farblos, aber ausreichend, Schauplatz lebendig, man fühlt sich mittendrin, Plot stringent.

Fazit:
Schlicht ein Lesegenuss von der ersten bis zur letzten Seite. Unbedingt empfehlenswert.

Zum Autor
Martin Walker
Martin Walker wurde 1947 in Schottland geboren. Er studierte in Oxford Geschichte, wechselte dann nach Harvard, um internationale Beziehungen und Wirtschaft zu studieren. Nach dem Abschluss war er viele Jahre im Journalistischen Bereich (The Guardian, Global Businell Policy Council) tätig. Und veröffentlichte daneben Werke über politische Themen. 1999 folgte der Umzug nach Périgord, wo er durch die Umgebung und ihre Bewohner zu seinen Kriminalromanen rund um Bruno, Chef de Police, inspiriert wurde.  Von ihm erschienen sind unter anderen Bruno, Chef de police (2009), Grand cru. Zweiter Fall für Bruno, Chef de police (2010), Schatten an der Wand (2012), Femme fatale. Der fünfte Fall für Bruno, Chef de police (2013).

WalkerFemmeAngaben zum Buch:
Gebundene Ausgabe: 426 Seiten
Verlag: Diogenes Verlag (23. April 2013)
Übersetzung von: Michael Windgassen
ISBN-Nr.: 978-3257068627
Preis: EUR  22.90 / CHF 34.90

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