Aus dem Atelier: Vom Wandel

„Der einzige Weg, dem Wandel einen Sinn zu geben, besteht darin, in ihn einzutauchen, sich mit ihm zu bewegen und mitzutanzen.“ Alan Watts

Es liegt wohl in der Natur des Menschen, das, was gut ist, bewahren zu wollen. Goethes Faust strebte nach diesem guten Moment, er hat für dessen Bleiben seine Seele verkauft. Das Leben hat oft anderes mit uns vor. Leben heisst, sich täglich mit Neuem konfrontiert zu sehen. Dinge gehen, andere kommen. Manchmal ist das begrüssenswert, manchmal erst im Nachhinein, manchmal überwiegt der Verlust des Alten. Nur: Wir werden es nicht ändern können, so sehr wir uns auch darum bemühen. Und: Das Festhalten an Altem ist in einem weiteren Sinne nicht nur gut: Es verunmöglicht uns, das Neue zu sehen und anzunehmen. Gerade im kreativen Tun kann das schwierig sein, führt es doch mitunter zum Versiegen der Kreativität, vor allem aber auch der Leidenschaft am Tun. Das immer Gleiche, war es am Anfang noch voll Freude und Entdeckergeist, wird nach und nach zur Gewohnheit, verliert den Esprit. Nur: Was kommt nach? Und wird es auch gut, gut genug sein?

Wandel ist immer ein Risiko. Was uns dabei am meisten im Weg steht, ist der eigene Perfektionismus. Wir erwarten von uns ständig Höchstleistungen und die inneren Stimmen, die uns anklagen, gelingen uns die nicht, sind unbarmherzig. Nur, wie sagte Henry Ford so treffend:

„Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“

Ich würde es sogar erweitern und sagen:

„Wer immer tut, was er schon kann, erfährt nie, wozu er noch fähig wäre, würde er es versuchen.“

Wo ertappt ihr euch, an Altem festzuhalten? Und was würdet ihr schon lange gerne probieren, traut euch aber nicht?

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Quo vadis?

„Manchmal muss man Wege erst gehen, um zu sehen, dass sie nicht passen.“

Ich probiere gerne Neues aus, bin anfangs meist auch Feuer und Flamme und denke schnell: Das ist es, das mache ich nun weiter. Mit der Flut des Geschafften nimmt oft das Mass an Enthusiasmus ab, bis ich an einem Punkt bin, an dem ich merke: Nein, das ist es doch nicht. Und oft kehre ich dann zu Bewährtem zurück und merke, dass ich von meinem Ausflug in neue Gefilde etwas mitgebracht habe, das sich nun auf eine gute Weise eingebracht hat.

Vermutlich ist es das, was Rilke meint, wenn er vom Leben in wachsenden Ringen spricht. Wir gehen ständig weiter, nehmen Dinge weg, andere bleiben zurück. Und so durchschreiten wir Ring für Ring unser Leben. Oft sehen wir das als Weiterentwicklung. So, als ob wir im Aussen etwas aufgenommen und verinnerlicht haben. Max Frisch sah es andersrum. Er sagte, wir entwickeln uns nicht, sondern entfalten uns. Nach dem Bild ist alles in uns angelegt, wir müssen es nur entdecken und zur Entfaltung bringen. Vielleicht ist dann das, was bleibt von den Ausflügen, das, was in meinem Innern eine Resonanz findet, weil es da schon im Verborgenen angelegt war.

Und wenn ich solche Dinge schreibe und darüber nachdenke, was wer gesagt und gedacht hat, kommt mir manchmal der Gedanke: Ist das überhaupt wichtig? Entfalten, entwickeln? Vielleicht kommt es nur darauf an, den Weg zu gehen und darauf zu achten, was wir auf ihm entdecken und wie es sich für uns anfühlt. Weniger denken. Tun.

Habt einen schönen Tag!

Aus dem Atelier: Stiller werden

«Alles vei ihnen redet, nichts gerät mehr und kommt zu Ende. Alles gackert, aber wer will noch still auf dem Neste sitzen und Eier brüten?» Friedrich Nietzsche

Ich habe lange überlegt, eine Pause einzulegen hier und in den sozialen Medien. Ich habe mich nun dagegen entschieden (vorerst), trete aber kürzer. Ich möchte nicht im Akkord liefern müssen, sondern mir die Zeit und Ruhe geben und nehmen, meine Kunst weiterzudenken, weiter zu entwickeln. Ich möchte frei und spielerisch die Möglichkeiten erkunden, Formen und Linien entstehen und Farben fliessen lassen.

Der tägliche Gedanke, was ich davon präsentieren und vor allem auch, was ich dazu sagen möchte, kostet Zeit und Energie. Und er übt einen Druck aus, der mich müde macht. Mit dem Titel «Tagesbild» habe ich wohl zusätzlich die Erwartung geweckt, die Bilder kämen auch wirklich täglich. Und wie es meinem Naturell entspricht, enttäusche ich Erwartungen ungern. Dabei war es nie so angedacht. (Darum nun neu: Aus dem Atelier)

Frei nach Nietzsche werde ich also weniger gackern und mehr Eier brüten. Es wird nicht still hier, aber stiller. Ab und zu mache ich auch Ausflüge ins Bücherregal, stöbere in Bildbänden, lasse mich inspirieren, tauche in die Bildwelten grosser Künstler ein. Auch darüber möchte ich ab und zu berichten. Vielleicht finden auch andere darin Inspiration.

Ich wünsche euch einen guten Start in diese kurze Woche.

Tagesbild: Leben in meiner Welt

«To create one’s own world takes courage.» Georgia O’Keeffe

Die grosse Welt können wir kaum ändern, aber die kleine um uns herum, da haben wir Möglichkeiten. Nur: Ganz so einfach ist das nicht. Wir bewohnen sie nicht allein, andere leben mit und neben uns. Sie schauen auf uns, haben ihre eigenen Vorstellungen, wie eine Welt auszusehen hätte. Wenn viele die gleiche Sicht teilen, stehen wir, die wir uns in dieser Welt nicht wohl fühlen, alleine da.

«In der sozialen Welt ist es elementar, ob man drinnen ist oder draussen, ob man dazugehört oder nicht.» Ralf Konersmann, Aussenseiter

Wir stehen vor einem Grossen Wir und sind die Anderen. Wir sind die Aussenseiter, die an der Seite und aussen stehen. Da zu sein ist schwer. Mitunter einsam. Und mit dem Wissen gepaart, immer im kritischen Blick zu stehen. Dem Blick, der sagt: Wir wissen, wie die Welt zu sein hat, du passt da nicht rein.

«Die Konstellation ist jedoch asymmetrisch. Denjenigen, die drin sind, fällt mit ebendiesem Drinsein die Position zu, über Drinnen und Draussen zu entscheiden.» Ralf Konersmann, Aussenseiter

Der Mensch möchte dazugehören. Aus dem Grund passt er sich in Welten ein, die ihm nicht passen. Oft führt das zu einer gefühlten Entfremdung – zur Welt und schlussendlich zu sich. Da auszubrechen und sich die eigene, passende Welt zu schaffen, erfordert Mut. Doch ist es wirklich eine Option, es nicht zu tun?

Habt einen schönen Tag!

(Buchtipp zum Thema Aussenseiter: Ralf Konersmann, Aussenseiter, erschienen im Fischer Verlag)

Tagesbild: It’s my life

«Die Belohnung für Anpassung ist, dass jeder dich mag, außer du dich selbst. (Rita Mae Brown)»

Heute Morgen startete ich wie immer in den Tag. Zum Morgenszenario gehört auch ein Tee (der Not gehorchend, er hilft bei einem Problem, das ich sonst hatte). Diese Tees haben immer nette Sprüche beigelegt, eher ein wenig esoterisch angehaucht, aber mitunter doch zum Nachdenken anregend. Heute stand: „Jede Person, der du begegnest, kann Dein Lehrer sein.“

Und da merkte ich, wie viel Wahres daran ist. Gerade auch bei Menschen, von denen ich mich ungerecht, schlecht, falsch behandelt fühlte. Im ersten Moment kam da die Trauer. Dann Wut. Dann wieder Trauer. Im Nachhinein merke ich, dass ich für mich was gelernt habe.

Wie oft bemühte ich mich, dazuzugehören. Mich anzupassen. Erwartungen zu genügen. Andere Bedürfnisse zu befriedigen. Oft gerade bei den Menschen, bei denen ich mich nicht akzeptiert fühlte. Bis ich merkte: Ich habe das gleiche Recht! Ich muss ihnen nicht genügen. Ich muss mir genügen.

Als ich den Spruch auf dem Teebeutel so las, war mein erster Gedanke:

«Das hätte ich schon früher haben können.»

Doch dann dachte ich:

«Besser spät als nie!»

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Im Moment sein

„Jeder Tag ist ein guter Tag.“ (aus Japan)

Oft wachen wir auf und sehen das schlechte Wetter, ärgern uns über bevorstehende Aufgaben, denken über die Probleme vom Vortag nach und verpassen ganz die Chance, den neuen Tag willkommen zu heissen und ihm mit gebührender Zuversicht zu begegnen.

Einfach nur hinsitzen. Da sein. Im Moment. Etwas, das uns in der heutigen Zeit (war es früher wirklich anders?) schwer fällt. Wir pendeln zwischen gestern und morgen und verpassen den einzigen Moment, in dem wir wirklich leben könnten: Jetzt.

Habt einen schönen Tag!

Tagesbild: Sich zeigen

„Geliebt wirst du einzig, wo du dich schwach zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren.“ Theodor Adorno

Sich zu zeigen, erfordert Mut. Man macht sich verletzbar. Was, wenn der andere das ausnutzt? Was, wenn die Reaktion auf die eigene Offenheit eine Wunde schlägt? Wie oft verstecken wir uns deswegen hinter Masken und Floskeln, tarnen Schwächen mit Humor oder vordergründiger Stärke. Indem wir das tun, bestätigen wir uns immer wieder selbst, dass Schwächen nicht gezeigt werden dürfen. Wir zementieren die Erwartungshaltung, immer stark sein zu müssen, und hadern mit uns selbst, weil wir es nicht immer sind.

Wie wohltuend, wenn man einen Ort gefunden hat, an dem man sich zeigen darf, einen Ort, an dem man weiss, dass einem nichts passiert, auch wenn man nicht stark ist. Ich vermute aber, dass man diesen nur findet, wenn man sich selbst zugestehen kann, dass die Schwächen ein Teil von einem sind, und man diesen Teil akzeptiert wie alle anderen Teile. Erst alle Teile machen das Ganze aus, machen uns zu dem Menschen, der wir sind.

Habt einen schönen Tag!