Lucie Flebbe – Nachgefragt

FlebbeLucieLucie Flebbe wurde 1977 in Hameln geboren. Bereits mit 14 Jahren verfasste sie ihren ersten belletristischen Text, Die Geschichte eines Rennpferdes, welchen sie in einem spanischen Verlag veröffentlichen konnte. Lucie Flebbe ist Physiotherapeutin und lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Bad Pyrmont. Mit ihrem Krimidebüt Der 13. Brief wurde sie mit dem Friedrich-Glauser-Preis als beste Newcomerin ausgezeichnet. Von ihr erschienen sind bislang unter anderem Der 13. Brief (2008), Hämatom (2010), Fliege machen (2011), 77 Tage (2012), Das fünfte Foto (2013).

Lucie Flebbe hat sich bereit erklärt, mir ein paar Fragen zu ihrem Schreiben zu beantworten.

Wieso schreiben Sie? Wollten Sie schon immer Schriftsteller werden oder gab es einen Auslöser für Ihr Schreiben?

Ich schreibe schon immer, habe schon als Kind davon geträumt, Schriftstellerin zu werden. Allerdings habe ich es nicht geschafft, wirklich daran zu glauben, dass das klappen könnte. Deshalb habe ich nach dem Schulabschluss erst einmal eine ‚solide‘ Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht. (Im Nachhinein keine schlechte Voraussetzung für den Beruf der Krimi-Autorin, denn durch die medizinischen Vorkenntnisse weiß ich natürlich, welche Mordmethode den gewünschten Erfolg bringen könnte 😉 ).

Es gibt diverse Angebote, kreatives Schreiben zu lernen, sei es an Unis oder bei Schriftstellern. Ist alles Handwerk, kann man alles daran lernen oder sitzt es in einem? Wie haben Sie gelernt zu schreiben?

Ich glaube, eine gewisse Veranlagung muss vorhanden sein. Für Menschen, die sich quälen müssen, um einen halbseitigen Aufsatz aufs Papier zu bringen, kann ein Dreihundert-Seiten-Roman leicht zur Folter werden.

Doch ein druckreifes Manuskript fertigzustellen, hätte ich ohne das notwendige Handwerk nicht geschafft. Ich habe ja über zwanzig Jahre an meinem Stil gearbeitet, bevor mein Debüt „Der 13. Brief“ 2008 im Dortmunder Krimiverlag Grafit erschien.

Wie sieht Ihr Schreibprozess aus? Schreiben Sie einfach drauf los oder recherchieren Sie erst, planen, legen Notizen an, bevor Sie zu schreiben beginnen? Wann und wo schreiben Sie?


Ich weiß, lange bevor ich die Idee zu einer Geschichte habe, welche Themen mich interessieren und sammele schon mal prophylaktisch Information.

Am Schauplatz meiner Geschichte – in Bochum – recherchiere ich erst, wenn ich die Geschichte bereits im Kopf habe und weiß, welche Orte ich mir ansehen will. Durch die Vor-Ort-Recherche verändert sich die Handlung meist noch einmal grundlegend.

 

Woher holen Sie die Ideen für Ihre Bücher? Natürlich erlebt man viel, sieht man viel. Aber wie entsteht plötzlich eine Geschichte daraus? Was inspiriert Sie?

Wie gesagt, beschäftigt mich eine interessante Thematik meist lange bevor der Gedanke an ein Buch entsteht.

Die Idee, mit der die Geschichte beginnt, entsteht oft aus einer Kleinigkeit heraus. Bei meinem zweiten Krimi „Hämatom“ war es zum Beispiel eine Magentablette.

Hat ein Schriftsteller je Feierabend oder Ferien? Wie schalten Sie ab?

Als Mutter von einigen, kleinen Kindern ist meine Freizeit momentan begrenzt.

Goethe sagte, alles Schreiben sei autobiographisch. Das stimmt sicher in Bezug darauf, dass man immer in dem drin steckt in Gedanken, was man schreibt. Sind Sie auch in Ihren Figuren? Gibt es eine, mit der Sie sich speziell identifizieren?


Meine Ich-Erzählerin – die Detektiv-Azubine Lila Ziegler – ist natürlich die Figur, mit der ich mich seit über zehn Jahren eindeutig am meisten beschäftige. Allerdings kann ich nicht behaupten, dass wir uns besonders ähnlich sind. Eher ist Lila mittlerweile zu so etwas wie meinem ‚zweiten Ich‘ geworden, weil ich sehr viel Zeit damit verbringe, die Welt durch die Augen einer unkonventionellen 20-jährigen zu betrachten.

 

Wieso schreiben Sie Krimis? Ist es das, was sie auch am liebsten lesen oder ist es die Freude, das ausleben zu können, was man im realen Leben eher unterdrückt?

Der Krimi bietet mir als Autorin sehr viel Freiraum für eigene Ideen. Ich schreibe über das, was mich selbst bewegt, egal ob es Putzfrauen, obdachlose Jugendliche, Seeungeheuer oder Serienmorde sind. Die Thematik kann sehr ernst, sozial oder eher unterhaltsam, wie in „Das fünfte Foto“, sein. Der Krimi setzt meiner Fantasie keine Grenzen.

Das fünfte Foto spielt im Schrebergartenmilieu und handelt von Kleinstadtidylle (mehr vordergründiger als wirklicher) – Wollen Sie ihrer Nachbarschaft etwas sagen damit?

Nein, die Figuren sind ja alle frei erfunden – und einige davon sind ja auch ziemlich schräge Gestalten. Die meisten finde ich selbst interessant und auf ihre Art sympathisch.


Was muss ein Buch haben, dass es Sie anspricht? Gibt es Bücher/Schriftsteller, die Sie speziell mögen?

Ein Buch sollte meinen Horizont erweitern, mir eine neue Sicht auf Dinge ermöglichen. Besonders gefallen mir die psychologischen Romane, die Agatha Christie unter dem Pseudonym Mary Westmacott veröffentlicht hat.


Wenn Sie sich mit drei Worten beschreiben müssten, welche wären das?

Eines reicht mir: Anders ;-).

Ich bedanke mich herzliche für diesen offenen und persönlichen Einblick.