Ein entscheidender Augenblick

Sie war mittlerweile genügsam geworden. Sie hoffte nicht mehr auf die grosse Liebe, wenn Susanne sie wieder einmal verkuppeln wollte. Schon ein netter Abend wäre gut. Ab und zu fragte sie sich, ob ihre Freundin sie wirklich kannte. Die Zweifel lagen auf der Hand bei den vorgestellten Männern. Heute stand eine Dichterlesung an. Sie liebte Lyrik, weniger aber die Lyriker, die waren ihr seltsam fremd. Und: Der Auserwählte war der Künstler himself, sicher mit weissem Schal und gegelten Haaren.

Sie schaute sich im Spiegel an. Für ihre 50 Jahre sah sie noch ganz passabel aus. Dass sie trotzdem Single war, lag wohl eher daran, dass sie insgeheim gar keine Beziehung wollte. Zu kompliziert, zu anstrengend, zu viel Risiko. Und doch war da manchmal diese leise Sehnsucht, nicht allein zu sein, sich austauschen zu können, jemanden an der Seite zu haben, der sie versteht. Ob man das überhaupt konnte? Sie verstehen? Manchmal tat sie es selbst nicht.

Sie waren die ersten, die bei der Lesung ankamen. Dabei blieb es. Der Künstler sass vor den aufgereihten Stühlen, schaute suchend umher. Sie war sich nicht sicher, ob er froh war, dass sie gekommen waren, oder keine Zeugen dieses Vorkommnisses vorgezogen hätte. Was sollte er tun? Nicht lesen? Doch lesen? Sie fühlte förmlich, wie es in ihm drehte, wie sich Selbstzweifel, Unsicherheiten, Trauer und Wut unterhielten und sich gemeinsam gegen ihn verbündeten. Das Ganze rührte sie auf merkwürdige Weise an. Da schien eine Seele genauso verloren zu sein wie sie es selbst ab und zu fühlte.

Er hob den Blick und schaute ihr in die Augen. Mit einem Auge, mit dem anderen schielte er zu ihrer Freundin. Oder war es andersrum? Sie konnte es nicht genau sagen. Sie wusste nur: das war doch sehr kompliziert, anstrengend, verunsichernd. Schlicht: Nichts für sie!

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Dieser Text entstand im Rahmen der abc.etüden von Christiane, HIER die Schreibeinladung

Die Regeln: 3 Worte in max. 300 Worten, die Worte dieses Mal lauteten Dichterlesung, genügsam, verkuppeln. Sie wurden gespendet von Werner Kastens (hier sein Blog)

Frei sein

Nachher muss ich unbedingt noch schnell beim Antiquariat vorbei, mein Biedermeierschränkchen besuchen. Bald ist es wirklich meines, dann habe ich das Geld beisammen. Es waren doch viele Überstunden nötig gewesen bis dahin, Müllers blöde Bemerkungen mit seinem anzüglichen Lächeln und flötender Stimme inklusive… «Sie sind aber ein fleissiges Bienchen, Frau Bigler.» Wieso bin ausgerechnet ich mit einem so üblen Chef gesegnet? Mehr als dringend nötig, möchte ich den sicher nicht ertragen. Ich bin froh, wenn ich wieder weniger arbeiten kann. Aber vielleicht ist der Einsatz auch für eine Beförderung oder Lohnerhöhung gut. Zeit dafür wäre es.

Wenn ich nur schon den Einkauf hinter mir hätte, dann könnte ich gleich zu meinem Schränkchen. Hoffentlich hat es mir niemand weggeschnappt, dann wäre alles umsonst gewesen. Mist, ich habe keine Jacke dabei, es ist doch immer so kalt im Lidl. drehen die Klimaanlage immer so stark auf, dass man fast im Skianzug einkaufen muss, um im Hochsommer drin nicht zu erfrieren.

Die beiden Penner, die täglich vor dem Eingang sitzen, sind auch schon wieder da. Penner. Schon wieder reingefallen. Ich wollte mir doch einen bewussteren Umgang mit der Sprache suchen, Penner ist kein schönes Wort. Es ist sogar sehr niederträchtig.

Sie sind immer zu zweit, eine Bierbüchse in der Hand. Sie reden, sie lachen, ihre Hunde liegen zu ihren Füssen. Die haben bestimmt kein Biedermeierschränkchen zu Hause, vermutlich wollen sie auch keines. Aber sie haben auch keinen Herrn Müller im Nacken. Überhaupt. Eigentlich hat ihr Leben auch was für sich. Sie haben eine Gemeinschaft, sind nicht allein in ihrem Sein. Sie leben in den Tag hinein, keiner erwartet etwas von ihnen, man lässt sie in Ruhe. Auch sie scheinen nichts mehr von Leben zu erwarten, sie scheinen sich in ihrem eingerichtet zu haben. Ob das die wirkliche Freiheit ist?  


EIn Beitrag zu den ABC-Etüden. Die Wörter für die Textwochen 42/43 des Schreibjahres 2021 stiftete die Frau Puzzleblume mit ihrem Blog Puzzle❀. Sie lauten:
Biedermeier
niederträchtig
flöten.
Die Regeln: 3 Begriffe in maximal 300 Wörtern.
Einladung bei Christiane: HIER

Mit Hemingway in der Bar

«Siehst du den Mann an dem Bartisch?» Sandra deutete auf einen Tisch ganz hinten in der Strandbar. «Der sitzt jeden Nachmittag mit einem Glas Weisswein hier und schaut vor sich hin.» Claudia wusste sofort, wen sie meinte. Der Mann hatte die grauen Haare zu einem Pagenschnitt geschnitten, der nun unter einem Strohhut hervorlugte. Er trug ein rosa Poloshirt und kurze Hosen. Die Augen lagen hinter spiegelnden Sonnengläsern versteckt und im Mund dampfte eine Pfeife. Auf dem Tisch vor sich hatte er eine kleine Männerhandtasche abgelegt, daneben stand sein Glas Wein. «Vielleicht kennt man den, aber er sitzt nun inkognito hier, versteckt hinter seiner Sonnenbrille.» «Ich glaube nicht. Mit dieser Frisur würde man ihn doch sofort erkennen, Brille hin oder her. Aber er hat was von einem Künstler – oder er will suggerieren, dass er einer sei. Oder aber er ist ein Geheimkünstler, einer, der im Geheimen schafft und irgendwann kommt alles ans Licht und versetzt die Welt in Erstaunen.»

«Oh, jetzt hat er einen Whiskey bestellt. Das hat er noch nie getan.»

«Hätte er noch eine Schreibmaschine bei sich, könnte man denken, das sei Hemingway. Der sass doch auch immer in Cafés und schrieb da, einen Whiskey vor sich – oder eine ganze Flasche.» «Vielleicht lässt er die Maschine zu Hause, weil sie zu sperrig zum Mitnehmen ist. Er speichert nur alles im Kopf ab und geht dann schnell heim, um es aufzuschreiben.»

«Vielleicht kommen wir in seinem neuen Roman vor und werden berühmt.  Sehe ich gut aus? Ich möchte nicht als die zerzauste, mittelalte Frau aus der Bar bekannt werden.» «Bloss nicht, dann würde auch die Bar hier berühmt, die Leute kämen in Scharen und wir hätten keinen freien Tisch mehr. Das wäre übel.»

«Du, der schaut ständig zu uns rüber. Das mag ich ja gar nicht, wenn mich Menschen im Restaurant so anstarren.»


Geschichte für die ABC-Etüden – Die Wörter für die Textwochen 40/41 des Schreibjahres 2021 stiftete Yvonne mit ihrem Blog umgeBUCHt. Sie lauten:

Geheimkünster, sperrig, suggerieren. Die Regeln: 3 Begriffe in maximal 300 Wörtern.

Einladung bei Christiane: HIER

Schöne weite Welt

Wenn ich mich in den sozialen Medien tummle, sehe ich überall Urlaubsbilder – sie fliegen mir direkt auf den Bildschirm, während ich gemütlich davor sitze. Sommer, Sonne, Strand, Meer. In alle Herrenländer sind die Menschen da draussen gereist – und ich war noch in fast keinem davon. Schon als ich noch ein Kind war, sind wir immer in die heimischen Berge in den Urlaub gefahren, nie ins Ausland. Klar, es war auch wirklich schön und mein Vater wurde nicht müde zu betonen, wie viel teurer Urlaub in der Schweiz sei als im Ausland und wie froh wir sein könnten, uns das leisten zu können. Und doch klangen die Urlaubsziele der anderen viel spannender, sie kamen mir wahnsinnig privilegiert vor im Vergleich mit mir.

Wenn ich sowas meinem Vater sagte, in der Hoffnung, er hätte ein Einsehen und wir führen wirklich auch mal weiter weg – flögen sogar – biss ich auf Granit. Bis in dem einen Jahr. Papa kam auf mich zu mit einem ganzen Stapel Kataloge auf dem Arm. Er sagte zu mir: „Such dir etwas aus, dann gehen wir dieses Jahr dahin in die Ferien.“

Stundenlang sass ich mit den ganzen Papierfluten da, blätterte mich durch Hotelanlagen, Strandbilder, Frühstücksbuffets und Himmelbetten, verglich Poolanlagen, Sonnenschirme, Hotelzimmer. Und ich wurde darüber ganz müde. Und sehr orientierungslos. Der Kopf drehte immer mehr, die Bilder verschwammen vor meinen Augen. Ich dachte an meine Freunde in den Bergen, mit denen ich jeden Sommer die wildesten Abenteuer erlebte, und da beschloss ich: „Wir sollten doch besser wieder in die Berge gehen. Ich konnte mir mich in so einer grossen Hotelanlage nicht vorstellen und hatte zudem keine Ahnung, was man da den ganzen Tag tun sollte.

Seit da hat sich nicht viel geändert. Zwar locken mich all die paradiesischen Bilder und ich denke mir beim Ansehen, wie toll es sein müsste, auch mal an so einen schönen Ort gehen zu können, Neues zu sehen, zu geniessen. Wenn es aber dann dazu kommt, dass ich wirklich hin könnte, müsste, dürfte, ändert alles schlagartig. Die Gedanken fangen an zu drehen: Was würde das bedeuten? Was, wenn es mir da dann doch nicht gefällt? Was, wenn ich wieder heim wollte und nicht könnte? Und was, wenn ich die vielen Menschen um mich nicht ertrüge? Was, wenn der ständige Zwang, etwas unternehmen zu müssen, da man ja schliesslich deswegen dort war, mich erschlüge? Ich, die ich doch meine Tage gerne in meiner Alltagsroutine mit Lesen und Schreiben verbringe, was natürlich auch an einem schönen neuen Ort möglich wäre mit der nötigen Ruhe und Zeit – nur: Gäbe es die dann dort?

Wenn diese Gedanken mal zur Ruhe kamen, war aber noch lange nicht fertig mit dem Gedankenkarussell, dann kam die Reise an die Reihe: Ich müsste Koffer packen. Was nähme ich da mit? Meine Erfahrung zeigte, dass ich immer das Falsche dabei hatte – vor allem bei dem, was wirklich zählt, bei den Büchern. Wie sollte ich zu Hause wissen, worauf ich im Urlaub Lust hätte? Und was, wenn eines der Bücher plötzlich ein Flop wäre? Oder zwei, oder drei, oder alle? Und: Wie viele Kleider bräuchte ich da und was für welche? Müsste noch mehr dringend mit, irgendwas hatte ich sicher gerade nicht im Kopf und würde es dann vermissen. Wäre der Koffer dann doch gepackt (mit mindestens 10 Büchern drin), müsste ich den zum Flughafen schleppen. Der Gedanke an die endlose Zugfahrt dahin liess meine Reisevorfreude schon nicht wirklich gross werden, doch was dann kam, war der Todesstoss: Endlose Warterei bis zur Kontrolle, welche das nächste Übel darstellte: Was, wenn die was fänden, was nicht in Ordnung wäre bei mir? Bei mir hatte es noch immer gepiept. Einmal untersuchten sie sogar meine Tasche auf Drogen. Ich kam mir vor wie ein Schwerverbrecher und fühlte die Blicke der Umstehenden förmlich. Was die wohl dachten? Natürlich haben sie nichts gefunden, aber nur schon die Verdächtigung war mir unendlich peinlich. Dass dies Routine sei, konnte mich auch nicht wirklich von meiner Scham befreien.

Auch das wäre irgendwann überstanden, nur wäre dann das nächste Warten dran, bis ich einsteigen könnte. Natürlich könnte ich lesen oder schreiben in der Wartezeit, nur kann ich das leider nicht, da ich einerseits zu nervös und aufgeregt wäre, ein wenig Genervtheit käme dazu, und dann die vielen Menschen… die ich anschauen müsste, die mich in meiner Ruhe und Konzentration störten durch ihr blosses Vorhandensein. Es bliebe also ein Warten – und nur das. Endlos, aufreibend, anstrengend. Wäre das um, ginge es darum, das richtige Gate zu finden, da wieder anzustehen, innerlich betend, dass das Ticket auch wirklich in Ordnung wäre und das Foto im Pass mir genug gliche, dass sie mich auch wirklich in den Flieger liessen. Da hiesse es erneut: Warten. Wenn nicht noch ein Triebwerkschaden, ein Chaos auf den Pisten oder ein Übelkeitsanfall des Piloten dazwischen kam, wäre die Zeit überschaubar, ansonsten gefühlt endlos. Dann endlich der Start. Immerhin war ich nun unterwegs und das doch eine ganze Weile. Leider konnte ich nicht schlafen im Flugzeug, schreiben und lesen auch nicht – genau: Die Menschen und die Nervosität wegen all des Neuen, das da vor mir lag.

Schon im Flugzeug würden die Gedanken drehen: Ob mein Koffer wirklich mit dabei ist und am selben Ort wie ich ausstieg. Was, wenn er unterwegs verloren gegangen oder gar in ein falsches Flugzeug verfrachtet worden wäre? Was würde ich ohne Kleider und Bücher und andere persönliche Dinge machen in dieser langen Zeit in der Fremde? Sollte das klappen, wären da noch die Sicherheitsleute überall auf dem Flughafen. Was, wenn ich verdächtig aussähe? Was, wenn sie mich rauspickten, für nicht vertrauenswürdig hielten und wieder in den Flieger nach Hause setzten? Dann wäre alles bislang umsonst gewesen. Aber ja, ich könnte mir dann die Sorgen sparen, ob ich das Hotel finden würde und meine Reservation auch wirklich geklappt hätte. Was, wenn es kein Zimmer mehr für mich gäbe?

All die Gedanken mache ich mir ja aber nicht erst auf der Reise, sondern schon zu Hause, und spätestens an dem Punkt komme ich immer zum Schluss, dass ich vielleicht doch besser zu Hause bliebe und weiter Fotos am Computer anschaue.

Ich backe mir meine Welt

Ich stellte die Musik an und ganz unerwartet und aus dem Nichts erschallte aus den Lautsprechern ein lautes Gitarrensolo und erschütterte den Raum. Ich erschrak und die Folgen liessen nicht lange auf sich warten. Die immer übellaunige Alte von unten stand schon an der Wohnungstür, hämmerte wie mit Eisenfäusten dran und schrie durch die verschlossene Tür Zetermordio. Schnell sprang ich auf, stellte leiser, öffnete die Tür und entschuldigte mich mit reumütiger Miene und einem Glas Honig als Wiedergutmachung.
„Du bist viel zu weichmütig“, sagte Urs und schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Das Wort gibt es nicht, dass heisst – wenn schon – gutmütig, und nein, das bin ich nicht. Ich will einfach keinen Ärger“, erwiderte ich.
„Das Wort habe ich grad gebacken, weil ich finde, dass es besser passt. Wer immer gleich nachgibt, wenn jemand etwas beanstandet, ist weichmütig.“
„Irgendwie finde ich weichmütig schön. Da steckt weich und mutig drin. Mut zur Weichheit, ich muss nicht verhärten. Ich mag so sein.“
„So kann dir aber jeder auf der Nase rumtanzen und du gehst bei Auseinandersetzungen leer aus. Und ich nun auch, denn das war mein Lieblingshonig.“
„Ach, du wolltest doch sowieso abnehmen, da passt das grad, wenn der Honig nicht mehr da ist. …und führe mich nicht in Versuchung…“
„Ich habe beschlossen, nun auch weichmütig zu sein. Mut zur Weichheit, ich brauche keinen stahlharten Bauch.“
„Du bäckst dir die Welt heute, wie sie dir gefällt….“
„Backen ist eine gute Idee, ich finde, du könntest mir einen Kuchen backen. Ein Hoch auf die Weichmütigkeit.“

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Für die abc.etüden, Woche 05/21 – dieses Mal Extraetüden: 5 Begriffe in maximal 500 Wörtern. Die Wortspende für die Textwoche 05.21 kommt von Ludwig Zeidler und Ulrike mit ihrem Blog Blaupause7

Verwendete Worte für die Extraetüden: Zetermordio, weichmütig, backen, Lautsprechererschüttern.

Der Originalpost: Schreibeinladung für die Textwoche 05/21

Gutes Essen, schlechtes Essen

Ich erinnere mich, wie ich von der Schule heimkam und schon beim Öffnen der Tür den Geruch aus der Küche in der Nase hatte. Teilweise roch ich unser Essen schon, wenn ich die Treppen hochstieg. Wir wohnten im fünften Stock und so waren es viele Treppenstufen, auf denen ich den Geruch in der Nase hatte. Zwar gab es in dem Haus einen Lift, doch den durfte ich nicht benutzen, weil Mama fand, das sei zu gefährlich für mich alleine. Ich verstand das zwar nicht, doch ich hielt mich immer daran. Überhaupt hielt ich mich meist an solche Ge- und Verbote, die einfach ausgesprochen wurden, ohne dass ich sie verstanden hätte. Darüber zu diskutieren, das hatte ich schnell gelernt, brachte nichts, denn sie waren, wenn ausgesprochen, quasi in Stein gemeisselt.

Ich wusste immer, dass der Geruch nach Essen im Treppenhaus von uns kam, da es sonst selten aus Wohnungen heraus nach Gekochtem roch. Parfumwolken, Waschmittel, Raumdüfte, Müffeliges war alles da, aber kein Essen. Papa sagte oft, dass in anderen Familien nicht wie bei uns gekocht würde mittags. Da gäbe es dann nur Brot und Käse, die Küche bliebe kalt. Bei ihm klang das immer so, als ob das etwas Schlechtes wäre. Das habe ich nie verstanden, da ich Brot und Käse liebte und es gerne öfters gegessen hätte. Ob es wohl eine Hierarchie von Mahlzeiten gab, fragte ich mich dann. Gab es Mahlzeiten, die etwas taugten auf der einen Seite, solche, über die man die Nase rümpfte, auf der anderen? Und wer bestimmte, was auf welche Seite kam? Es kam mir ein bisschen vor wie bei Aschenputtel, welches die Erbsen sortieren musste. Ich traute mich nicht, das meinen Vater zu fragen. Es wäre sicher eine dumme Frage gewesen und ich konnte seinen abschätzigen Blick, den er für solche Fragen hatte, förmlich vor mir sehen. Die Vorstellung davon reichte mir durchaus.

Oft, wenn ich durch die Tür in unsere Wohnung kam, rief ich noch in der offenen Tür laut „Hallo!! Gibt es Suppe heute?“ Irgendwie fand ich oft, dass es nach Suppe roch, die ich eigentlich nicht wirklich mochte. Was ich aber an der Suppe mochte, war, dass es nach dem Teller Suppe den ich immer essen musste, Siedfleisch, Käse und Brot gab. Das liebte ich. Meistens hatte ich nach dem grossen Teller Suppe zwar keinen wirklichen Hunger mehr, aber ich ass es doch mit Genuss. Schliesslich, so dachte ich, hatte ich mich durch die Suppe gekämpft, da konnte ich nicht aufhören, wenn das Gute kam.

Irgendwann sagte mir Papa, ich dürfe nicht mehr schon in der offenen Tür rufen, ob es Suppe gäbe. „Sonst denken alle im Haus, dass es bei uns immer Suppe gibt.“ Ich verstand das Problem dabei nicht. Das musste wieder mit dieser Essenshierarchie zu tun haben. Auf alle Fälle rief ich ab da nicht mehr noch halb im Hausflur stehend in die Küche hinein. Ich kam nur noch still rein, hängte meine Jacke an die Garderobe, die gleich vis-a-vis von der Wohnungstür stand, stellte den Schulranzen sorgsam in die zweite Garderobe neben der Eingangstür. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, Kleider, Schuhe oder Schulranzen einfach so hinzuwerfen. Das hätte Papa mit kritischem Blick und ebensolchen Worten beanstandet. Ich wagte es nicht, diese strafenden Worte herauszufordern. Nicht, dass er mich je mit Prügeln oder ähnlichem gestraft hätte, der Blick und die Worte, dieses offensichtliche Missfallen, waren mir Strafe genug und ich versuchte tunlichst, beides zu vermeiden.

Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns beim Hereinkommen je umarmt hätten. Wenn ich mich ausgezogen hatte und in die Küche lief, hiess es immer, dass ich mich gleich hinsetzen solle, weil das Essen bald fertig sei. Ich habe mich selten wirklich auf das Mittagessen gefreut, da ich oft keinen Hunger hatte oder aber es Dinge gab, die ich nicht mochte. Und immer gab es zu viel von allem, vor allem von dem, was ich nicht mochte. Meine Eltern schöpften für mich und ich musste den Teller leer essen. Bevor nicht alles weg war, durfte ich nicht aufstehen. Erstens sei alles gesund, hiess es, und zweitens bräuchte ich das, um genügend Kraft für den Nachmittag zu haben.

Meistens schaffte ich es in nützlicher Frist, dass ich mit meinen Eltern oder unwesentlich später fertig war und endlich vom Tisch konnte. Doch es gab auch Essen, bei denen alle weg waren und nur ich noch alleine am Esstisch sass. Zuerst hörte ich dann, wie meine Mutter das Geschirr spülte, dann kam sie mit genervtem und fast schon verächtlichem Blick aus der Küche, schimpfte nochmals mit mir wegen meines ungezogenen verhaltens und ging dann an mir vorbei, um Dinge zu erledigen, die dringend getan werden mussten. Alles schien in dem Moment wichtiger, als mir wenigstens Gesellschaft zu leisten bei meiner Sitztortur. Vielleicht dachte sie, das wäre sonst mehr Belohnung, wo es doch die Strafe des Alleinseins sein musste, die ich offensichtlich verdient hatte.

Es gab aber auch Mittagessen, die wollten und wollten nicht enden. Ich erinnere mich an ein Mal, als es Lebern gab. Das war neben Kutteln das Essen, das ich am wenigsten mochte. Wenn ich diesen grässlichen Geschmack im Mund hatte, würgte es mich regelrecht, so dass ich das Gefühl hatte, ich müsse alles wieder von mir geben. Ich versuchte so zu kauen, dass ich möglichst wenig vom Geschmack mitkriegte, und wenn dann doch plötzlich eine Geschmackswelle durch mich hindurch ging, schüttelte es mich. „Nun stell dich nicht so an!“, schimpfte Papa mit missbilligendem Blick. „Wir geben uns immer solche Mühe, für dich etwas Anständiges auf den Tisch zu bringen. Andere Eltern machen es sich einfach und tischen Brot und Käse auf.“

Wie gerne wäre ich in dem Moment bei den anderen am Tisch gesessen. Aber ich sass hier und das an dem Tag lange. Es wurde eins, halb zwei, zwei. Ich langweilte mich fürchterlich. Die Vorstellung, die Lebern doch noch zu essen, die nun zu allem Übel auch noch kalt und damit noch ekliger waren, liess mich erschauern und ich schüttelte mich. Doch, was blieb mir anderes übrig?

Irgendwann ging meine Mutter ins Bügelzimmer, mein Papa war schon zur Arbeit gefahren. Da kam mir die Idee. ich könnte die Lebern in einem der grossen Blumentöpfe vergraben. Schnell machte ich mich an die Arbeit, nicht dass meine Mutter plötzlich dastünde und mich bei meinem Tun ertappte. Mein Herz schlug bis zum Hals, meine Hände zitterten, so dass ich mein Vorhaben fast nicht in Tat umsetzen konnte. Schliesslich gelang es mir doch. Ich rief meiner Mutter durch die Wohnung zu, dass ich nun fertig sei. „Siehst du, ging doch, war doch gar nicht so schlimm.“ Ich nickte stumm. Und ich fühlte mich gar nicht stolz, sondern schlecht. Ich schämte mich.

Irgendwann sassen wir wieder gemeinsam am Mittagstisch, meine Mutter zeigte auf einen der Blumentöpfe und sagte zu meinem Vater: „Schau, die Pflanze, die immer kränkelte, die ich fast fortgeworfen hätte – nun hat sie neue Triebe.“ Mein Vater interessierte sich nicht für die vielen Pflanzen bei uns, er fand im Gegenteil, es wären sowieso zu viele.

ich lächelte nur und dachte an mein kleines Abenteuer zurück. Es fühlte sich plötzlich nicht mehr ganz so schlimm an. Meine Mutter sollte allerdings viele Jahre nicht erfahren, was sich damals zugetragen hatte.

Herr Karl

Einsam stand er am Strassenrand, er hatte seine besten Zeiten hinter sich. War er früher, es war nicht mal lange her, der Star der Strasse gewesen, so beachtete ihn heute kaum jemand mehr. Die, welche ihn noch vor kurzem fröhlich angelacht hatten, liefen nun achtlos an ihm vorüber. Irgendwie konnte er es auch verstehen. Er sah wirklich heruntergekommen aus. Die Zähne waren ihm ausgefallen, der Schal war dreckig und schmuddelig und seine einst stattliche Figur war geschrumpft. Was mal ein fröhliches Lachen in seinem Gesicht gewesen war, glich nun einer Fratze. Dabei hatte sein Leben so schön angefangen.

Eines Morgens, als es frisch geschneit hatte, kamen die Kinder aus der ganzen Strasse fröhlich lachend angerannt. Alle waren sie dick eingepackt, trugen bunte Mützen mit Bommeln dran und Wollhandschuhe. Ihre Wangen waren vor Freude und Kälte rot, sie plauderten und lachten, warfen sich den frischen Schnee ins Gesicht und waren sichtlich glücklich über das kalte Weiss, das noch immer unablässig vom Himmel fiel und auf dem Boden schon eine stattliche Schicht hinterlassen hatte.

Eifrig machten sie sich ans Werk. Ein Junge formte einen kleinen Schneeball und rollte ihn durch den Schnee. Er wurde gross und grösser, so dass er ihn schon bald nicht mehr alleine bewegen konnte. Schnell kamen die anderen hinzu und halfen ihm, bis eine stattliche Kugel entstanden war. Auf die gleiche Weise machten sie noch eine zweite Kugel, nicht ganz so gross, und hoben sie dann gemeinsam auf die erste Kugel. Die Anstrengung hatte ihre Wangen noch röter werden lassen, kalt war ihnen schon lange nicht mehr. Und: Sie waren noch lange nicht fertig, es brauchte noch eine dritte Kugel. Als sie auch diese gerollt hatten, standen sie da und wussten nicht wie weiter. Wie sollten sie diese nun auf die anderen beiden Kugeln heben? Sie war viel zu schwer und es war auch zu hoch. Zum Glück kam in dem Moment ein Mann vorbei, der die Kinderschar bei ihrem Tun beobachtet hatte. Er lachte fröhlich, denn er konnte sich noch gut erinnern, wie es gewesen war als er mit seinen Freunden an der gleichen Stelle auch einen Schneemann gebaut hatte.
„Braucht ihr Hilfe?“, fragte er. „Au ja, unbedingt!“, kam es ihm im Chor entgegen.

Gemeinsam hoben sie die dritte Kugel auf die ersten beiden. Was für eine Freude – fertig war der Schneemann.

Doch halt – er war noch lange nicht fertig. Jetzt ging es erst richtig los. Der Schneemann brauchte ja noch Augen und einen Mund, eine Nase und Arme, Kleider und vieles mehr, denn sonst wäre es ja nur irgendein Schneemann gewesen, aber es sollte ihr Schneemann sein. Schnell rannten die Kinder nacht Hause, um zu sehen, was sie Brauchbares finden konnten. Als alle wieder beim Schneemann versammelt waren, begutachteten sie die Ausbeute.

Sie hatten eine Möhre, die sie als Nase mitten in den Kopf steckten. Aus zwei Walnüssen machten sie zwei Augen links und rechts, die vielen schwarzen Knöpfe liessen sich gut zu einem Mund formen. Ein altes Nudelsieb war ein prima Hut – sie konnten sogar eine Plastikblume zur Zier in eines der Löcher stecken. Danach wickelten sie ihrem Schneemann einen Schal um den Hals und freuten sich: Das würde der schickste Schneemann überhaupt. Schnell steckten sie ihm noch zwei Äste als Arme in den Körper und da stand er nun. Stattlich und gross und wunderschön. Fröhlich schaute er in die Welt hinaus.

„Wie soll er denn heissen?“, fragte ein Junge. „“Wir brauchen einen Namen, der zu ihm passt.“ „Wie wäre es mit Herr Karl?“, fragte ein kleines Mädchen, denn so hiess die Hauptfigur in ihrem Lieblingsbuch. Alle waren begeistert. Mittlerweile war es Mittag geworden und die Kinder mussten nach Hause. Schnell verabschiedeten sie sich von Herrn Karl und rannten nach allen Seiten davon.

Alle menschen, die an Herrn Karl vorbeiliefen, mussten lachen. Wie gut konnten sie sich an ihre eigenen Schneemänner und die Freude am Bauen erinnern. Man hörte ein fröhliches „Weisst du noch…“ aus vielen Mündern. Zudem war Herr Karl wirklich ein sehr stattlicher und schöner Schneemann. Die Strasse war durch ihn eine fröhlichere geworden.

Nach dem vielen Schneefall kam bald auch wieder die Sonne. Wie schön der Schnee glitzerte und funkelte. Und mittendrin Herr Karl. Nun sah er noch schöner aus. Leider litt Her Karl unter den heissen Sonnenstrahlen. Der Schweiss lief ihm unter seinem Hut hervor, das Gesicht hinunter und durchdränkte seinen Schal. Ab und zu nahm ein Schweisstropfen auch einen Knopf des Mundes weg. Zuerst hatte er eine Zahnlücke, dann fehlte immer mehr. Herr Karl verlor seine Nase, sie hatte keinen Halt mehr im immer weicher werdenden Kopf.

Nach und nach verlor Herr Karl sein stattliches Ansehen, er fiel förmlich in sich zusammen und verkümmerte. Eines Morgens war Herr Karl verschwunden. Am Boden lagen nur noch sein Hut und ein paar Knöpfe. Vermutlich hatte er die Möhre und die Nüsse als Proviant auf seine Reise mit genommen.

Leb wohl, Herr Karl!

Weibliche Logik

Einst kam vom Hof die Steiner Liesel
daher ganz flott und so pompös,
sie wollt fürs Auto Biodiesel,
weil Umweltschutz sei gar famös.

Der Garagist, der schaute gross
und meinte knochentrocken:
„Von Diesel lass die Hände bloss,
sonst wird dein Wagen bocken.“

„Dann lauf ich halt anstatt zu fahren,
das gäbe erstens stramme Waden,
und da sie viel zu bleich auch waren,
könnten’s dann gleich sonnenbaden.

Zudem ist das Laufen gar
noch schonender als Diesel,
und eines ist ja eh mal klar:
Ich bin flink ganz wie ein Wiesel.“

Der Mann schaute noch grösser nun,
verstand die Welt gar nimmer,
das war ja ein verrücktes Huhn,
nein: Die war noch schlimmer.

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Für die abc.etüden, Woche 30.18: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Wortspende für die Textwoche 30.18 kommt von Yvonne von umgeBUCHt

Sie lautet: Biodiesel, pompös, sonnenbaden

Der Ursprungspost:HIER

Ein mörderischer (Rate-)Spass

Sie: „Ganz schön schwül heute…. UIIIIIII, was war das denn?“

Er: „Ich könnte dir das natürlich gleich verraten, aber das wäre nur halb so lustig, drum rate mal – du hast drei Versuche.“

Sie: „Nicht dein Ernst, oder? Du weißt genau, dass ich solche Spiele hasse, nun spuck schon aus.“

Er: „Nun sei doch keine Spassbremse, rate!“

Hätte er mal gesehen, was sie in der Hand hält, er hätte gesagt, dass es eine Fledermaus war, die in dunkelster Nacht und damit ungesehen, lautlos und nur durch den nahen Lufthauch gefühlt an ihr vorbeischwirrt war und sie erschreckt hatte.

Die Moral von der Geschicht’?

Provoziere erschreckte Frauen nicht, schon gar nicht mit besserwisserischen Ratespielchen… die Polizei fand nur das blutüberströmte Messer neben seiner Leiche und glaubte der immer noch erschreckt wirkenden Frau (die zwei Semester an der Schauspielschule waren also doch für etwas gut gewesen – man sollte Weiterbildungen nie unterschätzen, auch wenn sie nicht gleich eingesetzt werden können), dass es Notwehr war aufgrund der Todesangst, die ihr eine aus dem Nichts auftauchende und hautnah durchhuschende Gestalt eingejagt hätte….

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Für die abc.etüden, Woche 28.18: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Wortspende für die Textwoche 28.18 kommt von Natalie aus dem Fundevogelnest

Sie lautet: Fledermaus, schwül, verraten

Der Ursprungspost: HIER

Vor- und Nachteile einer klaren Begriffswahl

Sie legte den Kopf schräge: „Weißt du, was mich brennend interessiert?“

Er: „Hm….“

Sie: „War das nun ein Ja oder ein Nein?“

Er: „Was?“

Sie: „Ich fragte dich, ob du wüsstest, was mich brennend interessiere, heisst „Hm“ ja oder nein?“

Er: „Wieso interessiert dich das?“

Sie: „Na, weil ich sonst ja nicht weiss, ob du es nun weißt oder nicht..:“

Er: „Ich wüsste vor allem mal gerne, was in Köpfen, die sich für solchen Mist interessieren, vorgeht…“

Im Märchen hiesse es nun, dass sie, wenn sie nicht gestorben sind, glücklich weiterleben würden, es ist aber davon auszugehen, dass einer der beiden das nicht überlebt hat.

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Für die abc.etüden, Woche 23.18: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Wortspende für die Textwoche 23.18 kommt von Gerda Kazakou (gerdakazakou.com)

Sie lautet: Schräge, brennend, köpfen

 Der Ursprungspost: HIER

 

Partnerschaften – oder grad nicht?

Sie: „Ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr.“
Er: „Das tut mir leid, kann ich was tun?“
Sie: „Ich weiss nicht, wohl kaum. Ich muss schlicht wieder zu Kräften kommen.“
Er: „Schade, du brauchst mich nie. Ich fühle mich damit schlecht.“
Sie: „Das tut mir sehr leid.“
Er: „Ja, du solltest dich wirklich mal mehr um meine Bedürfnisse kümmern. So kann ein Miteinander ja nicht funktionieren.“

Der Knallknopf

Sie: „Ich habe zugenommen, findest du nicht?“

Er kannte sie schon eine Weile und wusste, dass das dünnes Eis war und er sich hüten sollte, etwas zu sagen, nur wusste er auch, dass er aus der Nummer nicht ohne ein Wort rauskommen würde, da sie keine Ruhe gäbe, bis er ihr geantwortet hätte, nur um dann – egal, was er auch sagte, er konnte nur verlieren – auszuflippen und ihm die Hölle heiss zu machen für die nächsten Tage, zumal sie unglaublich nachtragend sein konnte, was er gar nicht mochte, aber auch nicht sagen durfte, da dies denselben Effekt gehabt hätte wie die nun erwartete Antwort.

Er nuschelte nur etwas, das ganz sicher wie ein Nein, niemals wie ein Ja klang, und wollte sogleich gehen, als Ausrede brachte er – nun ganz verständlich, sie sollte die Dringlichkeit des Weggangs ja verstehen – das Argument vor, heute zeitig bei der Arbeit sein zu müssen. Er hatte die Rechnung ohne den Wirt (hier die Wirtin, denn Genderbewusstsein wurde neustens auch gross geschrieben und er traute sich schon fast nicht mehr, morgens zu fragen, ob sie einen Kaffee ans Bett gebracht haben wollte, tat es noch, weil Heissgetränk wiederum nicht spezifisch genug gewesen wäre) gemacht.

Nicht nur liess sie ihn nicht einfach so gehen, nein, sie atmete hörbar aus, worauf ihr Bauch nach aussen schnellte, einen Knopf von ihrer Bluse löste und diesen wie eine Pistolenkugel in seine Richtung schoss.

Und die Moral von der Geschicht:

Übers Gewicht der Frauen spricht man nicht.

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Für die abc.etüden, Woche 10.18: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Wortspende für die Textwoche 10.18 kommt Frau M.Mama (im www HIER)

Sie lautet: Knopf, zeitig, hüten.

Der Ursprungspost: HIER

Musik muss gut klingen!

Läuft ein Lied im Radio.

Sie: „Das ist so schön, da ist schon lange mein Lieblingslied.“

Er: „Wer ist das?“

Sie: „Was kümmert mich, wer das ist? Das Lied ist schön!“

Läuft ein Lied im Radio.

Sie: „Ach, mein Lieblingslied. Schon immer. Und immer, wenn ich es höre, geht für mich die Sonne auf.“

Er: „Weißt du nun, von wem es ist?“

Sie: „Du immer mit deinen Fragen.“

Er zieht los, geht in die Stadt. Geht in den angesagtesten Plattenladen und singt dem Verkäufer vor, was er noch im Kopf hat. Dann lässt er die Sache einpacken und bringt ihr den Sonnenschein nach Hause.

Das muss wohl Liebe sein.

Mal eine Geschichte aus dem Leben. Und: Das Paar ist übrigens über 50 Jahre zusammen heute – und das war das Lied:

Ignoranz pur

Sie: „Sag mal, hast du mein Krüglein gesehen, das ich von Oma Huberta geerbt habe, die zwar noch lebt, aber immer dachte, sie stürbe bald und dann alles geregelt haben wollte, so dass sie mir schon beizeiten dieses schlüsselblumengelbe Prachtstück vermachte mit der Bitte, immer gut darauf zu achten, da es ein ganz besonderes Krüglein sei, das einst sogar Graupeln getrotzt habe, die auf es niederprasselten, ohne nur eine Delle, einen Sprung, einen Kratzer gar davonzutragen, weswegen sie dachte, dass es für mich exakt das Richtige sei – was ich etwas befremdlich finde, da es fast so klingt, als ob bei mir alles kaputt ginge und ich drum nur extra robuste Dinge haben sollte, damit auch ja nichts in Scherben ginge -, zumal ich ja immer ihre Lieblingsenkelin gewesen sei, was aber auch nicht so schwer war, war ich doch die einzige überhaupt und nicht nur das, denn sie hatte auch keine Enkel, da es in dieser ganzen verdammten Familie überhaupt keine Kinder meines Alters gegeben hat und ich immer nur alleine zu all diese ach so öden und wirklich tödlichen Familienessen musste, wo es dann von allen schon fast scheintoten Tanten hiess, dass ich ja ach so gross und ach so hübsch sei, knapp gefolgt von der Frage, wie ich nochmals geheissen habe, was aber dann auch als wunderbarer Name befunden und von einem Kniff in die Wange begleitet wurde.“

Er: „Was genau ist nun die Frage?“

Sie: „Du hörst mir auch echt nie zu.“

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Für die abc.etüden, Woche 04.18: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Wortspende für die Textwoche 05.18 kommt von Elke H. Speidel (Blog: HIER)

Sie lautet: Krüglein, schlüsselblumengelb, graupeln.

Der Ursprungspost: HIER

 

Knapp daneben ist auch vorbei

Er: „Ich bin auf ein Video gestossen, das musst du dir unbedingt anschauen. Ein sehr spannender und tiefgründiger Typ! Ich schicke dir eine Kurzversion und die vollständige.“

Sie: Ich schaue mir gerne die volle Version an. Ich weiss, wie wichtig dir das ist.“

Er: „Aber nicht dass du einschläfst. Vielleicht schaust du es besser vor dem Schlafen, dann liegst du schon.“

[Sie schaut]

Sie: „Wirklich sehr spannend. Seine Lebensphilosophie hat mich beeindruckt.“

Er: „Ich wusste, der gefällt dir, optisch genau dein Typ.“