Achtsame Kommunikation: Was ist ein philosophischer Dialog?

„Das grösste Problem in der Kommunikation ist die Illusion, sie hätte stattgefunden.“ (George Bernhard Shaw)

Wir reden den ganzen Tag viel und oft aneinander vorbei. Achtsame Kommunikation kann Beziehungen retten, das Verhältnis am Arbeitsplatz angenehmer und damit auch die Arbeit produktiver machen, das Leben mit sich allein und im Miteinander friedlicher gestalten.

Oft nutzen wir Gespräche nur zum Informationsaustausch. Ich habe etwas zu sagen, der andere soll es hören. Und meist bin ich davon überzeugt, dass meine Meinung, meine Information richtig ist. Ich will den anderen davon überzeugen. Dieser aber geht mit derselben Haltung daran. Er hat seine Meinung, die hält er entgegen. Im besten Fall teilen wir eine Meinung und nicken uns wohlwollend zu.

Wie viel ist uns entgangen. Wir haben nichts über den anderen erfahren, nichts über uns selber, keine neue Sicht dazugewonnen – wir stehen noch immer am selben Punkt wie vorher, es flossen nur ein paar Worte hin und her.

Ein wirklicher Dialog bringt mehr als blossen Austausch von Informationen. Er erfordert aber auch mehr. Ein wirklicher Dialog bedingt, dass wir einander begegnen – im wahrsten Sinne des Wortes. Wir lassen uns auf den anderen ein als der, welcher er ist. Wir nehmen ihn ernst und wissen uns selber auch ernst genommen. Wir sind offen dafür, was er zu sagen hat, setzen ihm nicht gleich unsere Sicht entgegen. Wir sind offen für seine Botschaft, aber auch dafür, was sie in uns auslöst. Beide kommentieren oder werten wir nicht gleich. Wir nehmen beides wahr. Und so lernen wir was über ihn und über uns. Und über die Welt, in der wir diesen Dialog führen.

Ein wirklicher Dialog hilft, unsere doch sehr begrenzte Sicht zu erweitern. Jeder Mensch hat nur eine begrenzte Sicht – auf sich und auf die Welt. Indem wir uns den anderen öffnen, können wir unsere Grenzen erweitern – und die der andern werden durch uns erweitert. Erst durch den anderen können wir überhaupt auch etwas über uns selber erfahren, denn: Die blindesten Flecken haben wir bei uns selber. Andere zeigen sie uns auf – weil wir durch sie uns selber besser wahrnehmen. Wir brauchen andere Menschen, ohne sie wären wir nichts, ganz sicher nicht lebensfähig.

Damit ein wirklicher Dialog gelingen kann, braucht es verschiedene Dinge:

  • die Hinwendung eines Menschen als Ganzes zum anderen als Ganzer
    • Begegnung auf Augenhöhe
    • die Bereitschaft, sich selber einzubringen
    • Authentizität in Wort und Gefühl
    • direkte Reaktion statt vorgefertigte Meinungen
    • Alle Themen und Meinungen dürfen thematisiert werden
    • Wirkliches Zuhören
    • Gegenseitiger Respekt
    • Offenheit
    • Verantwortung übernehmen
    • Gegenseitiges Lernen
    • Mitgefühl

Nur wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen, als Mensch zu Mensch, wenn wir aktiv zuhören und präsent sind, offen bleiben gegenüber anderen Sichtweisen und Meinungen und nicht nur auf vorgefertigte Meinungen und Muster zurückgreifen, kann achtsame Kommunikation entstehen.

Ein wirklicher Dialog bringt mehr als blossen Austausch von Informationen. Wir sind offen für die Botschaft des anderen, aber auch dafür, was sie in uns auslöst. Und so lernen wir was über ihn und über uns. Und über die Welt, in der wir diesen Dialog führen. Indem wir uns den anderen öffnen, können wir unsere Grenzen erweitern – und die der andern werden durch uns erweitert.

Achtsame Kommunikation wird etwas verändern. Bei allen Beteiligten.

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13 Kommentare zu „Achtsame Kommunikation: Was ist ein philosophischer Dialog?

  1. Liebe Sandra

    Vielen Dank für den anregenden Text. Ich bin an der Aussage etwas verweilt, wo Du schreibst
    Wir nehmen ihn ernst und wissen uns selber auch ernst genommen
    Ich bin ganz Deiner Meinung aber Ernstnehmen kann für mich auch im heiteren, lustigen Dialog vorhanden sein. Über mich und meinen Dialogpartner lachen, gemeinsam lachen können, ist das Salz im gegenseitigen Ernstnehmen. Und wir müssen nur darauf achten, dass wir den Dialog nicht versalzen!

    Mit emene liebe Gruess

    Peter

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    1. Lieber Peter
      Ich bin mit dir einig, dass Humor und das gemeinsame Lachen dazu gehören. Ab und an denke ich sogar, dass dann, wenn man miteinander lachen kann, erst das gegenseitige Ernstnehmen wirklich da ist, weil Humor eine Basis herstellt, auf der auch Verstehen gründet.

      Liebe Grüsse
      Sandra

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  2. Mir kam direkt Watzlawick in den Sinn „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Kommunikation findet auch da statt, wo sie eben nicht als gelungen empfunden wird, wo keine Hinwendung, sondern vielleicht Abkehr entsteht. Wir reden ja nicht nur mit und nach dem Mund und die Deutung dessen, was wir wahrnehmen auch zwischen und ohne die Zeilen, kann dazu beitragen, Kommunikation auch als gelungen wahrzunehmen, wenn sie einfach nur nicht das gewünschte Ziel erreicht hat. Lieben Gruß und danke für die Gedankenanregung, Alice

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    1. Ich bin da mit Watzlawick einig. Wir kommunizieren immer, durch alles, was wir tun und sind und wo und wie wir es tun und sind. Sich dessen bewusst zu sein, kann aber schon helfen, ab und an achtsamer hinzuschauen, was und wie wir es tun, unter anderem auch ganz konkret bei der Sprache. Da aber Menschen komplexe Wesen sind, Kommunikation auf verschiedenen Ebenen und zwischen verschiedenen Menschen stattfindet, gibt es natürlich immer viel Potential für Missverständnisse.

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    1. Ich denke, wenn man etwas schreibt, ist es durchaus schön, wenn das auch gelesen wird. Ich freue mich aber immer über Kommentare, in denen auch eine eigene Sicht zum Thema zum Tragen kommt. Auch bei Blogs kann ein Dialog entstehen, halt nicht in Echtzeit.

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