Hermann Hesse: Bücher

Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.

Dort ist alles, was du brauchst,
Sonne, Stern und Mond,
Denn das Licht, danach du frugst,
In dir selber wohnt.

Weisheit, die du lang gesucht
In den Bücherein,
Leuchtet jetzt aus jedem Blatt –
Denn nun ist sie dein.

Hermann Hesse schrieb dieses Gedicht im April 1918. Im Herbst 1917 hatte er in nur drei Wochen den Roman Demian geschrieben, die Zeit davor war hart gewesen durch den Tod seines Vaters, eine schwere Erkrankung seines Sohnes und die bröckelnde Ehe mit Maria Bernoulli. Zudem war der einstige Kriegsenthusiast zum Kriegsgegner geworden und überlegte gar, mit allem zu brechen, was sein aktuelles Leben ausmachte, und in die Schweiz zu ziehen. Vor diesem Hintergrund entstand das Gedicht, das so wie eine Erkenntnis aus der Not gelesen werden kann, aber auch für sich stehend eine Wahrheit und Lebensweisheit verkündet.

Der Mensch ist auf der ständigen Suche nach dem Glück. Was er denn zum Glücke brauche, darüber erhofft er Auskunft von aussen, unter anderem aus Büchern. Doch er kann noch so viel lesen, das Glück ist nicht in den Büchern zu finden. Es gibt keine Anleitung, was man tun muss, um glücklich zu sein. Die Bücher werfen einen insgeheim nur immer wieder auf einen selber zurück.

Alles, was man zum zum glücklich Sein braucht, ist schon da, es liegt in einem. Auf sich selber zurückgeworfen, wenn man hinsieht, wird man das erkennen. Wir tragen das ganze Universum in uns, Sonne, Sterne und den Mond. Wir tragen damit das Licht in uns, wenn wir es erkannt haben und leuchten lassen, das man in östlichen Philosophien Erleuchtung nennt. Man kann – mit dem Wissen in sich, mit dem Universum in sich – das erhellen, was man verdeckt und verborgen glaubte, man muss nur den Zugang finden.

Und so schliesst denn Hesse damit, dass die Weisheit und das Glück, die man lange in den Büchern suchte, aber nicht fand, plötzlich aus jedem Blatt, von jeder Seite leuchte, weil sie, hat man mal das innere Licht entdeckt, schon immer da waren und nun beleuchtet werden – von innen heraus.

6 Kommentare zu „Hermann Hesse: Bücher

  1. …danke dir Sandra (und Hermann Hesse) für die schönen Worte…
    …du hast mich schon am Morgen früh zum Sinnen angeregt…
    …in all den vielen Jahren das Licht nicht gefunden oder gesehen?…
    …vielleich kann es auch erlöschen?…
    …oder wie in Takte der Musik, das ganze Leben immer wieder finden?…
    …so lese ich nun weiter…

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    1. Danke für diesen Kommentar. Ja – Hermann Hesse hat hier tiefe Gedanken in Worte gepackt. Man muss sie sich vielleicht immer wieder bewusst machen – und dann mit diesem Bewusstsein den Weg weiter gehen.

      Liebe Grüsse zu dir!

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  2. Eher eine Frage als Kommentar … das Wort ‚frugst‘ ist mir nicht bekannt, sollte eigentlich ‚fragst‘ sein … Ist ‚frugst‘ etwa ein veraltetes preterite-Form, oder vielleicht nur so gestaltet, um einen Reim zu schaffen? Mit bestem Dank –Literaturbanause aus Atlanta

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    1. Eher Grammatik-Pedant denn Literatur-Banause 😉 Natürlich gibt es die Form „frugst“ nicht. Aber: Ab und an beugt sich die Form dem Inhalt und es kann was Schönes entstehen. Das ist hier geschehen. Darauf zu kommen, ist schon kreativ genug. Finde ich….

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  3. LESEGLÜCK

    Goethe und Schiller, die Klassik,
    Damals war das Lesen noch Glück.
    Heute ist der Mensch digital,
    Vielen ist das Lesen nur Qual.
    So woll’n wir unverzagt werben,
    Das Kulturgut darf nicht sterben.

    Es sollte das geschrieb’ne Wort
    Wieder begeistern die Jugend.
    Die Bibliothek ist guter Ort,
    Zu stärken die Lesetugend.

    Halten wir Bücher in Ehren,
    Bewahren uns die Leselust.
    Hier in des Pegasus Sphären
    Vergessen wir den Alltagsfrust.

    GLÜCKSUCHE

    Jeder ist seines Glückes Schmied,
    Doch nicht jeder Schmied ist glücklich.
    Wer ständig auf Glücksuche zieht,
    Wird dieses finden nur schwerlich.

    Bleibe wo du bist,
    Wo immer das ist.
    Will das Glück zu dir,
    Findet’s dich auch hier.

    Das Glück ist nicht zu erzwingen,
    Es kann warten an jedem Ort.
    Nicht in materiellen Dingen,
    Manchmal ist nur ein liebes Wort.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

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