Autoren heute – husch husch, zack zack?

Ich lese immer wieder in der Timeline von Autoren, dass sie sich entschuldigen, FB etwas vernachlässigen müssen, weil sie sonst nicht drei Romane gleichzeitig schreiben können oder einen Roman nicht in einem Monat geschrieben haben. Es mutet irgendwie nie wie eine Entschuldigung an, sondern eher wie Beifallssuche. Schaut her, ich bin so toll. Thomas Mann schrieb sehr konsequent jeden Tag zur selben Zeit. Er schaffte etwa 1,5 – 3 Seiten. Pro Tag. Wer seine Wälzer kennt, kann nun rechnen. Goethe war nicht viel schneller. Der schrieb nebenher noch fast täglich Gedichte. Aber man könnte FB als das neue Gedichte-Schreiben werten. Nicht vom literarischen Anspruch natürlich, sondern mehr von der absorbierten Zeit.

Was ich mich frage: Ist das wirklich zu bejubeln? Literatur als Massenproduktion? So cool im Multitasking? Im Eilverfahren? Oder ist das der Grund, dass es immer schwerer wird, noch wirklich gute Bücher zu finden? Weil immer mehr immer schneller immer mehr wollen? Ich meine, ich kann auch Rosamunde Pilcher nehmen, ihre Gechichten abschreiben und einfach Zeiten, Orte und Namen ändern. Dann kriegt man das prima hin. Muss das sein? Ist das toll? Ich finde nicht.

Vielleicht bin ich elitär. Ich möchte keine neuen Geschichten, denn: Es ist alles gesagt. Aber: Ich möchte gerne Geschichten, die das, was schon gesagt ist, neu sagen. Ehrlich. Authentisch. Tief. Mit einer Meinung. Und einer Sprache. Die packt, überzeugt, passt. Berührt.

Schafft man das so nebenbei? So husch husch? Ich denke nicht. Klar: Hermann Hesse schrieb den Demian in drei Wochen. Das war aber nicht mit allem so, und: Das Thema arbeitete in ihm. Lange. Die Gedichte der Entstehungszeit zeugen davon. Dies nur zur Güte, die Aussagen auf FB stossen mir trotz dieses Wissens irgendwie sauer auf. Bin ich zu kritisch?

13 Kommentare zu „Autoren heute – husch husch, zack zack?

  1. Ich denke dein Anspruch ist einfach ein anderer. Es gibt doch anscheinend eine große Leserschaft für Liebesromane, die teilweise wirklich nicht tiefsinnig geschrieben sind. Dies ginge natürlich auch, aber deshalb verkauft sich das Buch nicht besser. Chicklet heißt das und serviert leichteste Unterhaltung. Menschen setzen sich nur mit schweren und intensiv geschriebenen Themen auseinander, wenn es ihnen gut geht. Derzeit (schon seit längerem) ist die politische, wirtschaftliche und soziale Lage in ganz Europa erdrückend, da wollen Menschen lieber einen schönen Traum lesen als realistisch geschriebene Bücher. Wie jemand allerding 3 bis 4 Bücher im Jahr schreiben kann ist mir ein Rätsel, denn ich benötige mindestens 9 Monate und das ohne die Endbearbeitung, aber ich benötige Zeit für die Recherche, was bei Liebsromanen möglicherweise nicht der Fall ist, doch ich kenne mich da wenig bis gar nicht aus. Zumindest würde ich immer in einen Buchladen gehen und eine persönliche Auswahl treffen oder jemandem vertrauen, dessen Geschmack mir bekannt ist.

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    1. Ich mag ja Liebesromane auch. Ich mag auch Seichtes. Schaute lange Telenovelas und bin die letzte, die dagegen schösse. Aber: Sich drauf was einbilden zu wollen? Zu sagen, es sei toll, 3 Romane gleichzeitig zu schreiben??? Diese Selbsterhöhung finde ich schlicht schrecklich.

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  2. Nein, denke nicht, dass du zu kritisch bist, Sandra. Wir haben eben im „Literaturbetrieb“ auch schon den Literatur-Supermarkt. Die Qualität ist entsprechend. Romane aus der Legebatterie, Massenbuchproduktion mit Geschmacksverstärker, weil es sonst zu fad schmecken würde.

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  3. Ich wäre nicht ganz so pessimistisch.
    Georges Simenon schrieb 75 Kriminalromane um die Figur des Kommissars Maigret. Daneben verfasste er über 100 weitere Romane und 150 Erzählungen unter seinem Namen sowie knapp 200 Groschenromane und mehr als 1000 Kurzgeschichten unter verschiedenen Pseudonymen. Seine Romane schrieb er innerhalb von 14 Tagen. Drei weitere Tage brauchte er zum Überarbeiten. Die Bücher erschienen unlektoriert, weil Simenon ein Lektorat ablehnte.
    Auch Philip K. Dick war ein Vielschreiber. In seinem kurzen Leben (er wurde nur 54) schrieb etwa 120 Kurzgeschichten und über 40 Romane.

    Aber außer dem gewaltigen Ausstoß ist beiden gemeinsam, dass sie als unliterarisch galten, ihre Bücher heute aber zu den Klassikern der Moderne gehören. Das heißt nicht, dass alle ihre Bücher gut sind. Und sicher ist auch bei den Vielschreibern heute viel Ausschuss dabei. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass alles schlecht oder auch nur schlechter ist als früher.

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    1. Simenons Romane umfassen auch meist kaum 100 Seiten. Und sie sind – bei aller Liebe, ich mag ihn wirklich – kaum wirklich tief und lang und gründig. Mir geht es mehr ums sich selber Hochstilisieren. Über diese Hau-Ruck-Variante. Wenn wer was Gescheites hinkriegt, soll er es präsentieren.

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      1. Die schnell geschriebenen Sachen heute sind auch nicht viel dicker. Und wenn man vom Schreiben leben will, muss man viel produzieren. Das kann man beklagen, ändert aber weder etwas an den Fakten, noch ist es wirklich neu. Auch Philip K. Dick hat nach eigenem Bekunden nur deshalb so viel und schnell produziert, weil er eine „sehr teure Ehefrau“ hatte. Nicht jede/r ist wie Donna Tartt, die es sich offenbar leisten kann, zwischen zwei Veröffentlichungen zehn Jahre zu pausieren.
        Was bei den Vielschreibern am Ende herauskommt, muss man sehen. Viele werden vergessen werden, so wie die meisten Schriftsteller irgendwann vergessen werden. Viele werden nichts produzieren, das im Niveau über einem Heftroman liegt. Aber das ist bei 800-Seiten-Wälzern das Gleiche. Oft habe ich das Gefühl, dass (Verlags-)Bücher heute vor allem deshalb so dick sind, weil Autoren und Lektorat der Sinn für das Wesentliche fehlt. Da steckt oft so viel Geschwafel, Kitsch und Klischee zwischen den Seiten, dass mir ein auf den Punkt gebrachter Kurzroman deutlich lieber wäre. Qualität und Tiefgründigkeit hängen nur sehr bedingt an der Seitenzahl.
        Aber ich wollte keine Verlagsschelte betreiben. Ich bin nur der Meinung, dass das Hau-Ruck-Verfahren offensichtlich nicht per se ein Zeichen mangelnder Qualität ist. Und das, was Sie als „Hochstilisieren“ bezeichnen, sehe ich als Versuch, mit dem Publikum zu kommunizieren, das eben auch eine gewisse Erwartungshaltung hat.

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        1. Das kann ich alles eins zu eins unterschreiben, zumal mir in dicken Romanen meist viel zu viel Geschwafel drin ist… ich bin eher auf den Punkt und hasse viele Worte, wenn man etwas auch kurz und knapp sagen könnte.

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  4. Bei vielen Büchern merkt man dieses husch husch. Es überzeugt einfach nicht. Da freue ich mich um so mehr über Bücher, die dies durch brechen und man das Herzblut des Autoren einfach lesen kann.

    Auja. Du wurdest für einen Liebstenaward nominiert. Weiteres dazu…siehe mein Blog😊

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  5. Ich stimme dir zu, mir behagt das auch nicht! Vielleicht ist es ja (auch) deswegen so schwierig Verlage zu finden, wenn man eben nicht 3 Bücher/Jahr schreibt?!
    Ich entdecke gerade deinen Blog, Arno machte mich neugierig …
    herzliche Grüsse (noch) unbekannter Weise
    Ulli

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  6. Ich lese auch gerne mal was leichtes, aber das muss mich dann wirklich packen. Aber so viele Bücher in einem Jahr, finde ich unrealistisch. Ich selbst schreibe auch und ich brauche oft Zeit, die Gedanken zu ordnen und alles nochmal und nochmal durch zu gehen, ob es passt und wenn nicht wird sich auch noch mal ein 100 mal daran gesetzt. Ich finde wenn man wirklich etwas schreibt, was eine Meinung haben soll, braucht es Zeit. Ich brauchte manchmal für 1000 eine Woche, nur damit ich zufrieden war. Zudem finde ich wenn man ein Buch oder eine Reihe sehr mag, dann kann man auch mal warten 😉

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