Der Umgang mit eigenen Ängsten

Gibt es sinnvolle Ängste? Diese Frage las ich kürzlich im Internet. Der Fragesteller verneinte die frage sogleich. Nun sind wir Menschen oft mit Ängsten konfrontiert. Soll das alles sinnlose Zeitverschwendung sein? Ich denke nicht.

Angst ist ein Warnsignal. Sie kann vor akuten Gefahren warnen und somit das Überleben sichern. Sie hier als sinnlos zu bezeichnen, wäre fatal. Sie zu überwinden mitunter tödlich. Es gibt aber auch Ängste vor Dingen oder Situationen, die wir uns nur einbilden. Wir malen uns Situationen aus und stellen uns die für uns negativen Konsequenzen vor. Aus diesen Vorstellungen heraus bilden wir Ängste – und vermeiden dann die Situation, um nicht in Gefahr zu kommen – eine Gefahr, die nur in unserer Vorstellung existiert.

Ist die zweite Angst also sinnlos? Ich würde auch das nicht absolut setzen. Wenn die Angst dazu führt, dass wir alles meiden, das uns aus irgendwelchen Gründen Ängste bereitet, wäre das sicher nicht wünschenswert. Wenn wir uns aber unseren Ängsten stellen, schauen, woher sie rühren und versuchen, damit umzugehen, kann daraus etwas Gutes erwachsen. Und wir lernen viel über uns selber. Wir erkennen unsere Muster, unsere Abwehrmechanismen und lernen, damit umzugehen – bewusst.

Wenn wir also wieder einmal in einer Situation sind, die uns Angst bereitet, hilft es, hinzusehen:

1) Wovor habe ich genau Angst?
2) Woher kommt die Angst?
3) War ich schon früher mal in ähnlichen Situationen? Was habe ich damals gemacht?
a. Wenn es gut ausging: Kann ich es heute wieder ähnlich lösen?
b. Wenn es nicht wie gewünscht ausging: Ist wirklich alles gleich heute?

Wenn ich die Situation so analysiert habe, geht es daran, Wege zu finden, wie mit der heutigen Situation umzugehen. Entweder ich wende die Mittel erneut an, die beim letzten Mal funktioniert haben, oder ich passe sie an die heutige Situation an.

Natürlich gibt es immer Dinge oder Situationen, die nicht zu uns passen, die uns Angst machen, die wir nicht zu meistern glauben. Wenn sich keine Lösung zeigt, stellt sich die Frage: Kann ich die Situation umgehen oder muss ich da durch? Wenn mich etwas eigentlich Freiwilliges heute überfordert, ist vielleicht die Zeit nicht reif. Vielleicht kann ich kleinere Ziele setzen, die im langen Lauf zum Endziel führen. Wenn ich nicht darum herum komme, etwas zu tun, dann kann es helfen, auch da Strategien zu entwickeln:

1) Eigene Stärken nochmals vergegenwärtigen
2) Möglichkeiten sehen, die auch beim Nichterreichen offen bleiben
3) Das Bewusstsein: Das Leben wird nicht daran hängen.
4) Methoden entwickeln, selber ruhig zu bleiben (Atmen, Achtsamkeitsübungen, etc.)

Ist Angst also sinnlos? Ich denke nicht. Wir dürfen uns nur nicht von unseren Ängsten lähmen lassen, sondern sie als Zeichen nehmen, hinzusehen. Wir können unser Bewusstsein schulen und uns immer wieder ein Stück besser kennenlernen.

9 Kommentare zu „Der Umgang mit eigenen Ängsten

  1. Ängste sind absolut notwendig und die Natur hat über Millionen Jahre hinweg einige dieser Ängste in uns verankert, denn nur so war der Mensch in der Lage sich zu entwickeln und überhaupt zu überleben. Eltern haben oft Ängste die sie vorher nie kannten, nennen es aber Sorge oder Fürsorge. Ich habe im Laufe der Jahre Höhenangst entwickelt. Diese ist natürlich nicht in jedem Fall real, aber ich mache derzeit ein Expositionstraining, um nicht jede Treppe und jedes Geländer als absturzgefärdet zu betrachten, damit meine Angst wieder auf ein gesundes Level sinkt. So kann ich dann wieder irgendwo hinauf ohne gleich wieder hinunter zu wollen, muss aber trotzdem nicht in die Eiger Nordwand 😉

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    1. Es gibt so eine „Angstbereitschaft“, eine „latente“ Angst. Ich kenne so etwas!
      Das fühlt sich manchmal wie eine Art Schleier an. Wie ein Farbstoff, der zusätzlich das Gehörte und Gesehene bedeckt. Oder es fühlt sich wie „fehlende Sicherheit“ an.

      Sicher ist der Tod. Und davor sehr wahrscheinlich Krankheit. Dahinsiechen vielleicht.
      Doch darum scheint es der Angst nicht unbedingt zu gehen…

      Vielleicht ist diese Angst nur „Lebensangst“? Ein bekannter Gedanke, aber vielleicht trifft er zu. Es wäre nicht auszuschliessen.
      Also hält mich vielleicht etwas zurück, mein Leben VOLL zu leben? Zügel anlegen…am besten mit Angst, das sind Gurte, die einen fest-halten können.
      Spielen, sich probieren, etwas wagen, abweichen vom sonst Üblichen…wäre es das? Es wäre zudem ein aktiver Versuch, diesen unformatierten, allgemeinen, nichts-sagenden und nichts-transortierenden Schleier links liegen zu lassen, also ihn beiseite zu tun.

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      1. Es gibt Theorien, dass die Kunst ein solches Spielfeld sei. Man könne da ausprobieren, was im Leben hilfreich wäre. Schiller war ein Vertreter davon.

        Das Bild mit dem Schleier schwebte mir auch vor Augen. IM Yoga kennen wir den Begriff Maya, der mit Schleier übersetzt wird. Illusionen, die die Wirklichkeit trüben. Ängste sind einer dieser Schleier. Wenn man dies erkennt, kann man sich aber des Mechanismus bewusst werden und den Schleier vielleicht auch ein wenig lüften – wenn man sich sicher genug fühlt.

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  2. …manchmal recht schwierig damit umzugehen…ich meine nicht so alltags Ängste, die braucht es sicher um nicht überfahren zu werden oder abzustürzen, gebissen werden…aber Lebensängste, Beziehungsangst…nein sinnlos sind sie nicht…

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  3. Ich glaube, es gibt Ängste, die an die Hand genommen werden wollen. Sie achten darauf, wenn wir Neues wagen, dass wir nicht stürzen. Mit der Angst an der Hand kann ich vieles wagen, was ich mir sonst nie zugetraut hätte.

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