Ich darf das sagen…

Wir leben im Zeitalter der Meinungsfreiheit. Auf die berufen wir uns immer, wenn wir etwas sagen, das nicht gut ankommt. Das ist praktisch, denn so muss man sich nie überlegen, was man sagt. Und wieso. Denn: Man darf ja. Die Meinung ist frei.

Man könnte, bevor man etwas sagt, sich fragen:

Ist es nett? Hilft es jemandem?

Wenn die Antwort zweimal nein wäre, könnte man das Sagen einfach lassen und nichts sagen. Wieso? Weil es nett wäre? Und das Gegenteil keinem was hülfe – wohl eher im Gegenteil… ABER: Man beruft sich auf seine Rechte. Die einem wohl eher egal sind, nicht grundsätzlich, aber in dem Fall, die sich aber grad gut instrumentalisieren lassen für die eigenen Zwecke. Man ist quasi legitimiert fein raus. Muss sich nicht mehr hinterfragen.

Ich finde das doppelt traurig. Erstens plappert man einfach mal drauf los, ohne Rücksicht auf Gefühle oder Verluste. Zweitens missbraucht man ein Menschenrecht, das gut und richtig und wichtig ist, für die eigene Gedanken- und Gefühllosigkeit. Und wenn auch das Menschenrecht nicht mehr zieht, dann war es gar nicht so gemeint. War quasi Humor. Oder notfalls Satire. Das macht es nicht netter oder besser, aber gut und nett ist eh out. Zumindest scheint es ab und an so. Man kann ja im nächsten Atemzug über die kalte und grausame Welt ohne Gefühl und menschliche Werte jammern….

12 Kommentare zu „Ich darf das sagen…

  1. Dieselben Leute die sich dann auf die Freiheit ihrer Worte berufen, fordern dann die Unantastbarkeit der menschlichen Würde. Natürlich in eiem anderen Fall, nicht wegen ihrer Worte, versteht sich. Hauptsache immer mitgemacht, immer recht gehabt, immer vorne dabei.

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  2. So manches Mal muss aber auch die Meinung gesagt werden, frei heraus und wenn es gegen den Konsens ist. Wenn wir keine gegenteiligen Meinungen mehr haben, dann bräuchten wir auch keine Meinungsfreiheit. Auch wenn eine Meinung umgangssprachlich „Scheisse“ ist, so ist es trotzdem wertvoller, wenn diese ausgesprochen und diskutiert wird. Reden ist Gold und Schweigen ist silber. Wir reden viel zu wenig und trauen uns nicht mehr u sagen aus Angst, jemanden damit weh zu tun. Das ist der völlig falsche Weg.

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    1. Meinungen zu Themen, die diskutiert werden sind sicher legitim. Aussagen, die nur dazu dienen, andere zu verletze, abzuwerten oder lächerlich zu machen, sind in meinen Augen keine Meinungen, sondern Selbstprofilierungsmassnahmen und unangebracht. Die Welt wird sicher keine bessere, wenn wir ohne Rücksicht und Empathie durch sie hindurchtrampeln.

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        1. Ich habe es so geschrieben, wie ich es für richtig fand. Ich bin grundsätzlich (!) der Meinung, dass man nicht alles sagen muss. Vor allem, wenn bei den oben genannten Fragen ein Nein herauskommt, erachte ich den Sinn einer Äusserung als relativ gering. Das ist aber meine Meinung. Vieles kann durchaus gesagt werden, ohne Sinn zu ergeben, es wäre wohl gar still, würde nur noch Sinnvolles gesprochen (was ich ab und an begrüssen würde).

          Aber: Bei ausschliesslich negativen Motiven für eine Aussage, da ist es nicht nur sinnfrei, da ist es (wieder meine Meinung) unangebracht.

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  3. Zu diesem Text gibt es einiges Kritisches zu sagen; ich finde es vor allem unpassend, ein „wir“ zu unterstellen, von dem der Autor „weiß“, was „wir“ immer machen. Ich z.B. rechne mich einem solchen „wir“ nicht fraglos zu. Dass „wir“ uns immer auf die Meinungsfreiheit berufen, wenn wir einen egoistischen Vorteil davon haben, ist eine Meinung, die Vorurteile schürt.
    Wie ist es zum Anderen, wenn ich einem Herrschsüchtigen meine Meinung sage? „Nett“ bin ich ihm gegenüber z.B. dann, wenn ich mich ihm unterwerfe! Natürlich kann man sich überlegen, wie man jemandem seine Meinung sagt, was aber nicht heißt, dass man jemandem nicht eine völlig konträre Meinung mitteilen darf. Das ist keineswegs unmoralisch. Es gibt außerdem die Möglichkeit, jemanden bewusst zu provozieren … und vieles mehr. Freundliche Grüße!

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    1. Es ging m.E. nicht darum, dass Du behauptet hättest, dass „es verboten“ sei, seine Meinung frei zu äußern, sondern darum, dass es ethisch verwerflich sei, etwas meinend mitzuteilen, was, wie Du gesagt hast, „nicht nett“ sei bzw. dem Adressaten „nicht helfe“. Ich zitiere Dich: „Wenn die Antwort zweimal nein wäre, könnte man das Sagen einfach lassen und nichts sagen.“ Sich nur „Nettigkeiten“ mitzuteilen, liefe das nicht darauf hinaus, z.B. „immer lieb und freundlich“ zu sein? Dir einen wunderschönen Tag! Franz

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      1. Man könnte… Ob man es tut und wieso nicht, muss jeder für sich entscheiden. Hängt wohl auch mit der Frage zusa: Was für ein Mensch will ich sein. Das ist individuell und es gibt kein absolutes Richtig oder Falsch. Auch dir einen schönen Tag!

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    1. Es gibt schlicht Zeiten, wo die Zeit fehlt, alles sofort zu bearbeiten. Dein Kommentar ist nun freigeschaltet, vielleicht kriegst du ja Reaktionen.

      Ich habe nirgends geschrieben, dass konträre Meinungen nicht geäussert werden dürfen. Vielleicht hast du einfach etwas falsch verstanden? Oder wir sind nicht einer Meinung. Alles möglich, darf alles sein. Eine berühmte Soziologin entwickelte dafür den Begriff „Zweinigkeit“ – ich mag den.

      Beste Grüsse!

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