Rezension: Tim Parks – Der ehrgeizige Mr. Duckworth

Wenn jedes Mittel recht wird

Morris lag auf dem Rücken und heulte jämmerliche Tränen des Selbstmitleids. Er war verflucht, das war alles. Verflucht, nicht mehr und nicht weniger. Das zeigte sich schon daran, dass sich offenbar niemand sonst an dem Hund störte. Die anderen waren alle immun. Die weckte das Bellen nicht auf. Aber er war mit irgendeiner schrecklichen Krankheit geschlagen, die all diese Plagen über ihn brachte. Und das hatte er nicht verdient. Das hatte er ganz bestimmt nicht verdient.

Morris arbeitet in Verona als Privatlehrer für reiche und verwöhnte Kinder, für die, welche all das haben, was ihm eigentlich zusteht. Das Schicksal hat es, da ist sich Morris sicher, schlecht mit ihm gemeint, es hat ihn um sein wirkliches Leben betrogen. Zum Glück ist da Massimina. Junges, hübsches Mädchen aus gutem Hause und dazu in Morris verliebt. In ihr sieht er die Lösung all seiner Probleme: Er muss sie heiraten. Wollen wäre anders, aber was tut man nicht alles, um zu Geld zu kommen.

Leider ist Massiminas Mutter von der Liaison wenig angetan, so dass die beiden beschliessen, zu flüchten. Damit hören die Geldsorgen Morris’ aber nicht auf, im Gegenteil, er muss sich etwas einfallen lassen. Allerdings ist er auch als Ganove wenig erfolgreich, so dass er sich immer wieder einen neuen Schelmenstreich ausdenken muss, um mit seiner vermeintlichen Retterin zu überleben. Zudem ist er damit beschäftigt, alles vor ihr geheimzuhalten, was aber nicht sonderlich schwer ist, da Massimina einerseits sehr naiv und andererseits sehr verliebt ist. Der Diebstahl eines Gucci-Koffers ist nur der Anfang einer sich steigernden Reihe von Ungesetzlichkeiten, die darüber hinaus von Fall zu Fall schwerwiegender werden.

Morris Duckworth ist ein Ganove, der an Felix Krull oder Ripley erinnert. Verschlagen lügt und betrügt er sich durchs Leben um den Lebensstandard zu erreichen, der ihm in seinen Augen zusteht. Dass er so skrupellos handeln muss, ist allerdings nie seine Schuld, sondern die all derer, die sein Genie missachten, die ihm nicht zubilligen, was ihm gebührt, nämlich Geld, Ruhm, Ehre.

Tim Parks führt ihn und alle anderen Charaktere sorgfältig und über ihre Erlebnisse und Verhaltensweisen ein, lässt den Leser sie so langsam erleben und kennenlernen. Auf dieser Basis ist es schwer, die mal geknüpften Bande zu lösen, wenn die Geschichte sich mehr und mehr zuspitzt, der Charakter des Protagonisten, der anfänglich selbstmitleidig und sehr selbstverherrlichend war, schlussendlich immer bösartiger und gnadenloser wird auf dem Weg zu seinem Ziel. Man sitzt gebannt und liest sich von Seite zu Seite, einerseits hoffend, er möge endlich auffliegen, andererseits bangend, das könnte der Fall und damit das Buch zu Ende sein.

Zu Ende ist die Geschichte – wenn auch in diesem Buch durchaus abgeschlossen für sich – lange nicht, denn Der ehrgeizige Mr. Duckworth ist erst der Anfang einer Trilogie, deren weiteren Teile im Juli und im September 2015 erscheinen werden. Man darf gespannt sein.

Fazit:
Eine Ganovengeschichte, die durch lebensnahe Figuren und einen stimmig aufgebauten Plot besticht. Sehr empfehlenswert.

Zum Autor
Tim Parks
Tim Parks, geboren 1954 in Manchester, wuchs in London auf und lebt seit 1981 in Italien. In vielen seiner Romane und erzählenden Sachbücher hat er das Leben in Italien thematisiert. Er hat das Werk von Italo Calvino, Roberto Calasso, Alberto Moravia und Machiavelli ins Englische übersetzt und lebt als Professor für Literarisches Übersetzen in Mailand. Zuletzt erschien von ihm Italien in vollen Zügen.

Angaben zum Buch:
Parksder_ehrgeizige_mr_duckworthTaschenbuch: 300 Seiten
Verlag: Verlag Antje Kunstmann (27. Mai 2015)
ISBN-Nr.: 978-3888979309
Originaltitel: Cara Massimina
Übersetzung: Lutz-W. Wolff
Preis: EUR 16.95 / CHF 23.90

Zu kaufen in Ihrer Buchhandlung vor Ort oder online u.a. bei AMAZON.DE und BOOKS.CH

4 Kommentare zu „Rezension: Tim Parks – Der ehrgeizige Mr. Duckworth

Hinterlasse einen Kommentar